Eigentlich sind sie Einzelgänger. Doch weil es bei den Fischottern im Zoo Zürich Nachwuchs gegeben hat, tummeln sich zurzeit gleich drei verspielte Jungtiere in der weitläufigen Anlage.
Die Jungen sind noch deutlich kleiner als Mama Lulu, doch im Wasser bewegen sie sich schon genauso schnell und wendig. Für die dreijährige Lulu war es die erste Geburt und das lebhafte Trio ist eine grosse Aufgabe, wie Zoodirektor Alex Rübel am Mittwoch sagte.
Der Nachwuchs wird in einem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm gemanagt. Als Vater wurde Ivo ausgesucht, der 2008 im Zoo Zürich geboren wurde und seit 2009 beim Fischotter-Verein Männedorf ZH lebt.
Für ein halbes Jahr kam Ivo zu Lulu nach Zürich. Der Besuch war so erfolgreich, dass Anfang Mai die drei Jungtiere geboren wurden, ein Männchen und zwei Weibchen. Weil Fischotterweibchen ihren Nachwuchs zurückgezogen und allein aufziehen, vermieden die Tierpfleger zunächst jede Störung.
Als die Jungen Anfang Juli dann die ersten Ausflüge unternahmen, hatte Lulu viel zu tun, um die drei unter Kontrolle zu halten. Waren zwei beisammen, hatte das dritte den Anschluss verloren. Die Jungen bleiben dann einfach sitzen und fiepen so lange, bis die Familie wieder vereint ist, wie Rübel erklärte.
Doch inzwischen kennen sich die Jungtiere in der weitläufigen Anlage bestens aus und tollen gemeinsam durchs Wasser. Sie spielen mit einem Ball, balgen miteinander, drehen sich auf den Rücken, tauchen blitzschnell auf und wieder unter.
Wenig Fett aber viele Haare
Der Europäische Fischotter ist ein Wassermarder und eine der wenigen einheimischen Tierarten im Zoo Zürich. Die Tiere leben in der dichten Ufervegetation von Flüssen und Bächen. Sie ernähren sich hauptsächlich von Fisch, fressen aber auch Frösche, Krebse, Muscheln, Vögel, Eier und Insekten.
Mit ihrem stromlinienförmigen Körper und den Schwimmhäuten zwischen Fingern und Zehen sind Fischotter perfekt an die Jagd unter Wasser angepasst. Ihr Körperfettanteil liegt bei höchstens 3 Prozent, so dass sie schlank und wendig sind. Allerdings verfügen sie deshalb nur über beschränkte Energiereserven. Die Tiere müssen daher täglich rund ein Fünftel ihres Körpergewichts fressen.
Weil ihnen die Fettschicht fehlt, ist die Isolation durch das Fell umso wichtiger: Mit rund 60’000 Haaren pro Quadratzentimeter ist es eines der dichtesten im ganzen Tierreich.
Rückkehr erhofft
Einst war der Fischotter in ganz Europa verbreitet. In der Schweiz ist er jedoch in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts ausgestorben. Seit 1997 setzt sich die Stiftung Pro Lutra für die Rückkehr der Tiere ein. 2007 baute sie eine systematische Überwachung auf, und inzwischen gibt es Anzeichen, dass der Fischotter sich wieder in der Schweiz ansiedeln könnte.
Die Überwachung ist sehr aufwändig, weil Fischotter Einzelgänger sind und entlang eines Gewässersystems ein Territorium von bis zu 40 Kilometer Länge besetzen können. Eine Beobachtung ist also Glückssache, wie Hans Schmid, Leiter Tierpflege Zoo Zürich und Präsident von Pro Lutra, sagte.
Der jüngste Nachweis stammt aus dem Kanton Genf. Dort ist in diesem Frühling ein Fischotter in eine Fotofalle getappt, die eigentlich für einen Biber gedacht war. Mit einem wissenschaftlichen Grossprojekt untersucht Pro Lutra ausserdem, welche Lebensräume in der Schweiz für den Fischotter geeignet sind. Erste Ergebnisse werden in einem Jahr erwartet.