Der Ständerat und der Nationalrat bleiben sich uneinig bei den Billag-Gebühren: Während die kleine Kammer will, dass ausnahmslos alle bezahlen, sprach sich die grosse Kammer zum zweiten Mal dagegen aus. Der Nationalrat will Ausnahmen machen.
Bei den Radio- und TV-Gebühren zeichnet sich keine Einigung zwischen den Räten ab. Der Ständerat möchte, dass künftig jeder Haushalt Gebühren zahlt; der Nationalrat hingegen hat sich am Donnerstag zum zweiten Mal für befristete Ausnahmen ausgesprochen.
Der Entscheid fiel mit 110 zu 74 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Haushalte, die keinen Radio- und Fernsehempfang haben, sollen laut diesem Vorschlag auf Gesuch hin während fünf Jahren nach der Einführung des neuen Systems von der Abgabe befreit werden.
Der Ständerat hatte sich klar gegen dieses so genannte Opting-Out gestellt, ebenso der Bundesrat. «Mit dem Opting-Out würden wir das heutige System mit viel Aufwand verlängern», sagte Bundesrätin Doris Leuthard. Dabei gebe es nur wenige Menschen, die keinen Fernseher, kein Radio und keinen Internetzugang besitzen. Es gehe um rund 20’000 Haushalte.
Gerechtigkeit wichtiger als Effizienz
Die Befürworter aus den Reihen von SVP, FDP und Grünen argumentierten hingegen, es sei unfair, wenn diese Menschen – vor allem Ältere – zur Kasse gebeten würden. Ein Gesetz solle möglichst gerecht gegenüber den Minderheiten sein, dies sei wichtiger als die Effizienz, sagte Kurt Fluri (FDP/SO).
Abgesehen von der umstrittenen Ausnahmeregelung haben sich die Räte im Grundsatz bereits darauf geeinigt, dass künftig alle Schweizer Haushalte Radio- und TV-Gebühren zahlen – unabhängig davon, ob ein Radioapparat oder ein Fernseher vorhanden ist. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Radio- und TV-Sendungen heute über das Internet auf Computern, Tablets oder Smartphones konsumiert werden können.
Höherer Anteil für Private
Ausgeräumt hat der Nationalrat zwei andere Differenzen. Auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt ist er bei der Frage, wie hoch die Gebührenanteile für private Radio- und Fernsehstationen sein sollen. Der Nationalrat sprach sich mit 112 zu 71 Stimmen gegen den Willen von SVP, BDP und Teilen der FDP nun für 4 bis 6 Prozent aus, nachdem er zunächst für 4 bis 5 Prozent plädiert hatte.
«Dieses eine Prozent ist von grosser Bedeutung für private Radio- und Fernsehstationen», sagte Markus Lehmann (CVP/BS). Laut Bundesrätin Doris Leuthard geht es dabei um maximal 14 Millionen Franken, die dadurch mehr ausbezahlt werden.
Überschüsse für Ausbildung und Technologie-Förderung
Ebenfalls für die Variante des Ständerats hat sich der Nationalrat bei der Verwendung der Überschüsse aus dem Gebührensplitting – laut Leuthard geht es um rund 45 Millionen Franken. Mit 98 zu 90 Stimmen sprach er sich dafür aus, dass diese für die Aus- und Weiterbildung von Angestellten sowie zur Förderung neuer Verbreitungstechnologien verwendet werden sollen.
Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, dass die Überschüsse an die Gebührenzahler zurückerstattet werden – pro Haushalt wären das etwa 14 Franken. Eine Minderheit angeführt von Natalie Rickli (SVP/ZH) machte sich vergeblich für diese Variante stark.
Zurück an den Ständerat
Damit geht die Vorlage mit einer Differenz an den Ständerat zurück. Doch selbst wenn die Räte diese bereinigt haben, ist die Änderung des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) noch nicht in trockenen Tüchern.
Unter anderem der Gewerbeverband hatte in der Vergangenheit bereits mit dem Referendum gedroht. Er wehrt sich dagegen, dass künftig Unternehmen ab einem Jahresumsatz von 500’000 Franken eine geräteunabhängige Abgabe zahlen müssten. Die GLP kündigte bereits an, das Geschäft deswegen in der Schlussabstimmung abzulehnen.
Zudem laufen derzeit die Sammelfristen für zwei Volksinitiativen, welche die Abschaffung der Billag-Gebühren für Radio und Fernsehen fordern.
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Das Wortprotokoll aus der Sitzung zum Nachlesen.