Die SVP ist mit ihrer Durchsetzungsinitiative auf Erfolgskurs. Diese dient als Vorlage für die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative, über die der Nationalrat am Donnerstag debattiert. Nach der Eintretensdebatte zeichnet sich eine Umsetzung nach dem Willen der SVP ab.
Wegen des vorgesehenen Ausschaffungsautomatismus‘ ist die Lösung rechtsstaatlich problematisch. Der von der Kommission vorgelegte Entwurf sei das Ergebnis einer Abwägung zwischen rechtsstaatlichen Grundsätzen und dem Risiko einer erneuten Abstimmung, erklärte Kommissionssprecher Gerhard Pfister (CVP/ZG). Die Kommission sei sich aber bewusst, dass diese Umsetzung mit gewissen Grundätzen der Verfassung kollidiere.
Nach dem Vorbild der Durchsetzungsinitiative listet der Umsetzungsentwurf detailliert auf, bei welchen Delikten ein Ausländer oder eine Ausländerin die Schweiz verlassen muss. Wiederholungstäter werden bereits bei leichteren Delikten wie einfacher Körperverletzung oder Einbruchdiebstahl ausgeschafft.
Ebenfalls im Katalog aufgeführt ist der Missbrauch von Sozialhilfe und – versicherungen. Richter müssen den Landesverweis neben der Strafe automatisch aussprechen, sofern die Verurteilten in ihrem Heimatstaat nicht verfolgt werden oder ihnen Folter droht. Einzig die Definition des zwingenden Völkerrechts will die Kommission anders als die SVP nicht in das Gesetz übernehmen.
Abstimmung vermeiden
Eine Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze würde in Kauf genommen, indem die Umstände des Einzelfalls nicht berücksichtigt werden könnten. Damit würde der verfassungsmässige Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt. Die bürgerlichen Fraktionen wollen dies eingehen, um den Volkswillen zu respektieren und eine neue Abstimmung im Wahljahr 2015 zu vermeiden.
SP und Grüne jedoch wehren sich gegen eine verfassungswidrige Umsetzung. „Es geht um die Frage, ob wir hier und heute unseren Rechtsstaat zu Grabe tragen“, sagte Silvia Schenker (SP/BS). Für Ueli Leuenberger (Grüne/GE) verhält sich die Mehrheit „wie jemand, der sich aus Angst vor dem Tod selber umbringt“.
Der Vorschlag der Kommission weicht fundamental vom Entwurf des Bundesrats ab. Dieser hatte eine aus seiner Sicht „vermittelnde“ Lösung vorgelegt, angesiedelt zwischen den Initianten und jenen, welche auf die Einhaltung von Grundrechten und völkerrechtlichen Grundsätzen pochen.
Gemäss Entwurf des Bundesrats ist im Normalfall eine Mindeststrafe von 6 Monaten nötig für einen Landesverweis von 5 bis 15 Jahren oder im Wiederholungsfall 20 Jahren. Diese Regelung soll Ausschaffungen wegen Bagatelldelikten verhindern.
Neuauflage des Gegenvorschlags
Die Beratung über die Details der Vorlage steht noch aus. Die bürgerlichen Fraktionen haben sich aber schon in der Eintretensdebatte gegen die Version des Bundesrats ausgesprochen, da sich diese ihrer Meinung nach zu sehr am abgelehnten Gegenvorschlag zur Ausschaffungsinitiative orientiert. Einige Minderheitsanträge zielen jedoch darauf ab, Hintertüren für eine verfassungsmässige Umsetzung zu öffnen.
Unmittelbar nach der Debatte über die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative berät der Nationalrat über die Durchsetzungsinitiative. Bundesrat und Kommission lehnen diese ab und möchten sie teilweise für ungültig erklären. Über einen Rückzug hat die SVP bisher nicht verlauten lassen.