Nationalrat bewilligt «Haft wegen unkooperativen Verhaltens»

Der Nationalrat hat entschieden, das Asyl- und das Ausländergesetz an das Dublin-III-Ankommen anzupassen. Umstritten war die Haft für Asylsuchende, die sich so verhalten, dass sie nicht in den zuständigen Dublin-Staat überstellt werden können.

Eine Zelle im Flughafengefängnis in Zürich Kloten (Symbolbild) (Bild: sda)

Der Nationalrat hat entschieden, das Asyl- und das Ausländergesetz an das Dublin-III-Ankommen anzupassen. Umstritten war die Haft für Asylsuchende, die sich so verhalten, dass sie nicht in den zuständigen Dublin-Staat überstellt werden können.

Die grosse Kammer hiess diese so genannte «Haft wegen unkooperativen Verhaltens» am Montag als Erstrat mit 126 gegen 56 Stimmen gut. SP und Grüne lehnten die vom Bundesrat neu beantragte Haftform ab.

Francine John-Calame (Grüne/NE) machte geltend, dass diese Haft über die Vorgaben der EU hinausgehe. Dass sich jemand einer Überstellung in einen Dublin-Staat widersetze, genüge nicht für eine Haft. Eine solche «Renitenzhaft», die sechs Wochen bis drei Monate dauern könne, sei nicht statthaft, fand auch Claudia Friedl (SP/SG).

Walter Müller (FDP/SG) dagegen sprach von einer Kompensation für die gemäss den EU-Vorgaben verkürzte Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft. Die zusätzliche Haft von sechs Wochen bei nicht kooperativem Verhalten werde die beabsichtigte Wirkung nicht haben, befürchtete Christoph Mörgeli (SVP/ZH).

Der Bundesrat will gemäss der Dublin-III-Verordnung die Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft für Dublin-Fälle von höchstens 18 Monaten auf maximal 13 Wochen verkürzen. Weil dies in der Vernehmlassung nicht goutiert worden ist, schlug er zusätzlich eine «Haft wegen unkooperativen Verhaltens» vor.

Kompensation im Interesse der Kantone

Angewendet würde diese Haft, wenn Asylsuchende, die einem Dublin-Staat überstellt werden sollen, dies mit ihrem Verhalten verhindern. Die Abweichung sei mit Dublin III vereinbar. Sie solle die verkürzte Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft im Interesse der Kantone kompensieren, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga.

Umstritten war auch die aufschiebende Wirkung von Beschwerden gegen Überstellungsentscheide. Eine rot-grüne Minderheit wollte eine zwingende aufschiebende Wirkung, Bundesrat und Mehrheit beantragten, dass die Beschwerdeführer um aufschiebende Wirkung ersuchen müssen.

Minderheiten-Sprecher Martin Naef (SP/ZH) plädierte zu Gunsten der Schwächsten im Verfahren für die automatische aufschiebende Wirkung. Walter Müller (FDP/SG) hielt dagegen, dass die nicht automatische aufschiebende Wirkung dem vom Volk gutgeheissenen Gesetz entspreche. Der rot-grüne Antrag wurde mit 127 zu 56 Stimmen abgelehnt.

Mörgeli: «Gesetznehmende Behörde»

Die Eintretensdebatte über die Anpassungen auf Grund des geänderten Dublin-Abkommens hatte der Nationalrat schon in der Sommersession geführt, die Beratung dann aber unterbrochen, weil Justizministerin Simonetta Sommaruga wegen eines Empfangs für den kroatischen Präsidenten Ivo Josipovic den Ratssaal verlassen musste.

Die SVP lehnte die Vorlage ab. Christoph Mörgeli (SVP/ZH) hatte dies schon im Juni damit begründet, dass die Vorlage den 2012 vom Volk verlangten schärferen Regelung widerspreche. Am Montag monierte Mörgeli, der Nationalrat sei zum Nachzug gezwungen. Er sei damit nicht gesetzgebende, sondern «gesetznehmende Behörde».

Der Nationalrat hiess die Änderungen im Asyl- und im Ausländergesetz mit 132 gegen 52 Stimmen gut. Stillschweigend genehmigte er danach die für die Übernahme von neuen Regelungen für die Datenbank «Eurodac» nötigen Anpassungen im Asyl- und im Ausländergesetz.

Künftig sollen Daten von anerkannten Flüchtlingen, die heute im Zentralsystem gespeichert sind, ebenfalls abrufbar sein. Damit sollen die Behörden einfacher klären können, ob eine Person bereits in einem anderen Staat als Flüchtling anerkannt worden ist.

Die Vorlage geht nun an den Ständerat.

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