Seit Sonntag steht fest, dass mit Christian Lohr zum zweiten Mal eine Person im Parlament Einsitz nimmt, die auf den Rollstuhl angewiesen ist. Die Parlamentsdienste wollen direkt mit Lohr abklären, welche Massnahmen zu treffen sind.
Behinderte hätten individuelle Bedürfnisse, die nicht im vornherein bekannt seien, sagte eine Sprecherin der Parlamentsdienste auf Anfrage. Man warte, bis Lohr die Annahme der Wahl bekannt gebe, und trete dann in Kontakt mit ihm. Es werde auf jeden Fall sichergestellt, dass Lohr sein Mandat vollumfänglich ausfüllen könne.
Im Rahmen der 2008 abgeschlossenen Umbauarbeiten wurde das Bundeshaus behindertengerecht eingerichtet. Es wurden Treppenlifte installiert, Bodenunebenheiten ausgebügelt und neue Lifte im dritten Stock in Betrieb genommen.
Hindernisse bleiben
Noch bleiben aber Hindernisse: So ist es unmöglich, mit einem Rollstuhl hinter das Rednerpult zu fahren. Es bestehe die Möglichkeit eines mobilen Mikrofons, teilten die Parlamentsdienste mit.
Der 49-jährige CVP-Vertreter Lohr rückt für Brigitte Häberli in den Nationalrat nach, der am Sonntag der Einzug in den Ständerat gelang. Vor zwei Jahren präsidierte Lohr das Thurgauer Kantonsparlament. Er ist ohne Arme und mit verstümmelten Beinen zur Welt gekommen.
Verantwortlich dafür ist das Beruhigungsmedikament Contergan, das in den 1950er- und 1960er-Jahren in rund 50 Länder geliefert worden war und den Wirkstoff Thalidomid enthielt. Weltweit wurden nach Einnahme des Medikaments 12’000 Kinder mit Fehlbildungen geboren.
Der erste und bisher einzige Volksvertreter im Rollstuhl war Marc F. Suter (FDP), der für den Kanton Bern von 1991 bis 2003 und ein zweites Mal im Jahr 2007 im Nationalrat sass.