Zum Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China soll es keine Volksabstimmung geben. Der Nationalrat folgte dem Bundesrat und lehnte es am Dienstag deutlich ab, den Vertrag dem fakultativen Referendum zu unterstellen.
Ein Referendum und damit eine Abstimmung ermöglichen wollten SP und Grüne. Ihr Antrag scheiterte aber mit 109 zu 52 Stimmen bei 21 Enthaltungen. Nebst einer Mehrheit der Linken stimmten auch neun Parlamentarier der SVP-Fraktion für die Referendumsunterstellung. 15 SVP-Politiker enthielten sich der Stimme.
Nachdem die Bürgerlichen das Abkommen als einen der bedeutendsten Verträge der letzten Jahre bezeichnet hätten, sei nicht einzusehen, warum das Volk dazu nichts zu sagen haben solle, sagte Jacqueline Fehr (SP/ZH). Zu einer Preiserhöhung der Autobahnvignette könne es sich schliesslich auch äussern.
Fehr zog zur Begründung auch einen Vergleich zum Umgang der Schweiz mit dem Apartheid-Regime Südafrikas. Hätte das Volk damals über die von der Schweiz nicht mitgetragenen Wirtschaftssanktionen abstimmen können, wäre das Ergebnis allenfalls ein anderes gewesen. Daher gelte nun für China: «Wir haben keine weisse Weste und deshalb eine besondere Verantwortung.»
Im Rat musste sie sich Kritik für den Vergleich anhören. Im Gegensatz zum damaligen Südafrika seien in China deutliche Fortschritte erkennbar, sagte etwa Geri Müller (Grüne/AG).
«Keine wichtigen rechtssetzenden Bestimmungen»
Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann verteidigte den Entscheid gegen eine Referendumsklausel. Der Vertrag enthalte keine «wichtigen rechtssetzenden Bestimmungen». «Gewöhnliche» Bestimmungen in einem Staatsvertrag verlangten nicht nach einem Referendum.
Anders sah dies Andreas Gross (SP/ZH), der im über tausendseitigen Abkommen mindestens neun «gesetzesträchtige» Artikel ausmachte. Diese hielten etwa fest, was Inspektoren auf Wunsch Chinas in der Schweiz kontrollieren dürften.
Mit dem deutlichen Nein zur Referendumsklausel hat das Freihandelsabkommen den Nationalrat als Erstrat komfortabel passiert. Als nächstes ist der Ständerat an der Reihe.
Keine Nachverhandlungen zu Menschenrechten
Bereits am Montagabend hatte es der Nationalrat im ersten Teil der Debatte abgelehnt, den Bundesrat zu Nachverhandlungen mit China zu verpflichten. Die Linke hatte ein Zusatzprotokoll zum Freihandelsabkommen verlangt, in dem die Einhaltung der Menschenrechte sowie Instrumente bei Verletzungen hätten vereinbart werden sollen.
Der Verweis auf die Menschenrechte ist im Abkommen indirekt enthalten, was der Bundesrat und die bürgerliche Ratsmehrheit als Erfolg der Verhandlungen werteten. Ausserdem schloss das Wirtschaftsdepartement ein Abkommen zu Arbeits- und Beschäftigungsfragen ab. «Mehr wäre in Nachverhandlungen nicht zu bekommen», sagte der FDP-Bundesrat Schneider-Ammann.
Keine Chance hatten am Dienstag auch Vorschläge, den Bundesrat explizit zu beauftragen, sich Informationen über Arbeitsbedingungen und Umweltschutz bei Produzenten und Lieferanten zu beschaffen sowie die Einhaltung der Bestimmungen zu Umwelt und Arbeitsbedingungen zu beaufsichtigen. All dies werde der Bundesrat selbstverständlich tun, sagte Schneider-Ammann dazu.
China beharrt auf Übergangsfristen
Zur Förderung des Handels vereinbarten die Schweiz und China nach zweieinhalbjährigen Verhandlungen weitreichende Zollsenkungen. Bei den Industrieprodukten beseitigt die Schweiz die ohnehin schon tiefen Zölle für chinesische Produkte. China gewährt ebenfalls Nachlässe auf den generell höheren Zöllen, beharrt allerdings teilweise auf lange Übergangsfristen.
Hinter dem Abkommen steht die Wirtschaft, aber auch die Landwirtschaft zeigte sich grösstenteils zufrieden. Bei den Landwirtschaftserzeugnissen sparte der Bundesrat aus Schweizer Sicht sensible Produkte aus.