Das Sicherheitspaket Via Sicura konzentriert sich mehr und mehr auf Raser. Der Nationalrat hat am Dienstag mehrere Verschärfungen gutgeheissen. Bei den Vorschlägen, mit denen der Bundesrat die Verkehrsopfer reduzieren will, nahm er aber weitere Abstriche vor.
Vor allem bei den schwächsten Verkehrsteilnehmern, den Radfahrern und Fussgängern, setzt der Nationalrat auf Eigenverantwortung. Nachdem die grosse Kammer am Montag das Mindestalter für das Radfahren aus dem Gesetz getilgt hat, wollte sie am Dienstag mit 128 zu 55 Stimmen auch nichts von einem Helmobligatorium wissen.
Verkehrsministerin Doris Leuthard (CVP) verglich das Velohelmtragen mit der Gurtentragepflicht im Auto: Beides trage dazu bei, Verletzungen bei Unfällen zu reduzieren. Der Staat müsse einen gewissen Schutz vorschreiben, denn es sei eine Tatsache, dass «nicht alle Menschen nach der Vernunft handeln». Damit fand sie kein Gehör: Nur die CVP-Fraktion unterstützte die Helmpflicht.
Bluttest weiter nötig
Weiterhin genügt bei der Ahndung von Autofahren unter Alkoholeinfluss ein Atemlufttest nicht, sondern es ist auch ein Bluttest nötig. Der Nationalrat strich die vom Bundesrat vorgeschlagenen Vereinfachung auf Antrag der FDP mit 129 zu 50 Stimmen. Nun entscheidet nochmals der Ständerat.
Bestehen bleibt zudem das faktische Alkoholverbot für bestimmte Personengruppen wie Neulenker oder Chauffeure öffentlicher Verkehrsbusse. Der Rat stellte sich mit 120 zu 51 Stimmen hinter diesen Passus, den bereits der Ständerat gutgeheissen hatte. Die SVP hatte die Nullpromillegrenze bekämpft.
Unerbittliche Haltung gegenüber Rasern
Während das Paket, das noch aus der Zeit von Verkehrsminister Moritz Leuenberger stammt, weiter an Substanz verlor, zeigte sich die grosse Kammer gegenüber Rasern unerbittlich. Sie hiess mehrere Verschärfungen gut, die der Ständerat in Via Sicura eingefügt hatte, um einen indirekten Gegenvorschlag zur Raser-Initiative zu entwerfen.
Das Strassenverkehrsgesetz soll etwa explizit regeln, wann ein Raserdelikt vorliegt. Dies wäre bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h innerorts der Fall, wenn 50 km/h als Höchstgeschwindigkeit gilt, oder bei 200 km/h auf Autobahnen, auf denen das Tempolimit 120 km/h beträgt.
Auch eine Strafbestimmung für Raser unterstützt der Nationalrat: Raser sollen mit einem Jahr bis vier Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden, wenn sie die Verkehrsregeln verletzen – etwa mit hohem Tempo, waghalsigem Überholen oder einem Rennen – und damit das hohe Risiko eingehen, dass es Schwerverletzte oder Tote geben könnte.
Ausserdem sollen die Gerichte bei Raserdelikten ein Auto beschlagnahmen können. Die Beschlagnahmung von Raserautos schrecke ab und verhindere Wiederholungstaten, sagte Franziska Teuscher (Grüne/BE). Dagegen wehrten sich FDP und SVP, denen der Einzug zu weit geht und die die Eigentumsgarantie in Gefahr sahen.