Der Nationalrat sagt Nein zur Familieninitiative der SVP. Die Ratsmehrheit aus Linken, FDP, GLP und BDP hält einen Steuerabzug für die Selbstbetreuung des Nachwuchses für ungerecht. Das traditionelle Familienmodell soll nicht speziell gefördert werden.
Die grosse Kammer lehnte am Dienstag die Volksinitiative der SVP mit 109 zu 74 Stimmen bei 6 Enthaltungen ab. Nebst der SVP stimmten eine Mehrheit der CVP sowie einzelne FDP-Nationalräte dem Begehren zu. Die emotionale Debatte hatte bereits am Montagnachmittag begonnen.
Das Steuerrecht solle Familien in der Wahl ihrer Rollenteilung nicht beeinflussen, sagte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Genau dies würde aber mit der Initiative passieren, weshalb der Bundesrat das Begehren ablehne.
Keine Vorschriften zum Familienmodell
Von links wie rechts hiess es, niemandem solle ein Familienmodell vorgeschrieben werden. Dennoch entbrannte ein ideologischer Streit um die richtige Kindererziehung. Die Befürworter der Initiative hoben die Vorzüge einer Betreuung durch die Eltern hervor.
Christoph Blocher (SVP/ZH) verglich Eltern, die ihre Kinder in Krippen geben, gar mit dem Vogel Kuckuck, der seinen Nachwuchs in fremde Nester legt. Solche Eltern liessen sich die Erziehung ihrer Kinder erst noch durch Krippen-Subventionen von der Allgemeinheit bezahlen.
Währenddessen wiesen die Gegner auf die Unbedenklichkeit von Tagesstätten hin. Sie sprachen ausserdem vom volkswirtschaftlichen Unsinn, gut ausgebildeten Frauen und Männern einen Anreiz zu geben, nicht zu arbeiten. Das führe nur zu mehr Zuwanderung, was kaum im Sinne der SVP sein dürfte, sagte Hans-Jürg Fehr (SP/SH).
Ein weiterer Streitpunkt waren die Finanzen. Alle Familien subventionierten Krippen über die Steuern, hielten die Befürworter fest. Wer die Kinder selbst betreut, würde deshalb mehrfach benachteiligt: Diese Familien bezahlten mit, könnten keinen Abzug machen und verzichteten auf Einkommen.
Mit der Initiative würden aber Einverdiener-Haushalte subventioniert, entgegnete Christa Markwalder (FDP/BE). Die geschätzten Steuerausfälle von 1,4 Milliarden Franken bei Bund und Kantonen wurden ebenfalls als Gegenargument angeführt.
Diametral auseinander gingen auch die Ansichten über die Wirkung der Initiative. Die SVP hält das heutige System für ungerecht, weil Eltern nur für die Fremdbetreuung einen Steuerabzug machen können. Die Gegner legten dagegen dar, dass mit der Initiative Kosten abgezogen werden können, die gar nicht anfallen. Das sei eine neue Ungleichbehandlung.
Abfuhr für Gegenvorschlag
Einen Mittelweg über einen indirekten Gegenvorschlag versuchte EVP-Nationalrätin Marianne Streiff (BE) dem Rat schmackhaft zu machen. Dabei sollte der Kinderabzug bei der direkten Bundessteuer erhöht werden. Darüberhinaus sollten auch hohe Betreuungskosten für die Kinderbetreuung abgezogen werden können.
Der Nationalrat erteilte dem Ansinnen mit 184 zu 5 Stimmen eine deutliche Abfuhr. Diese Debatte sei bereits vor drei Jahren geführt worden, sagte Kommissionssprecher Fulvio Pelli (FDP/TI). Der Ständerat berät als nächstes über das Anliegen, bevor das Volk abstimmen kann.