Nationalrat will lärmige Motorräder nicht von der Strasse verbannen

Der Nationalrat will die Besitzer lärmiger Motorräder nicht zur Umrüstung zwingen. Er hat eine Motion seiner Umweltkommission abgelehnt, die verlangte, dass neue Vorschriften auch für alte Motorräder gelten.

Ein Motorradfahrer auf dem Ratenpass (Symbolbild) (Bild: sda)

Der Nationalrat will die Besitzer lärmiger Motorräder nicht zur Umrüstung zwingen. Er hat eine Motion seiner Umweltkommission abgelehnt, die verlangte, dass neue Vorschriften auch für alte Motorräder gelten.

Ab 2017 sollen für neu zugelassene Motorräder strengere Regeln gelten. Die Umweltkommission des Nationalrates (UREK) wollte, dass diese Regeln auch für bereits zugelassene Motorräder eingeführt werden: Die Besitzer sollten zur Um- oder Nachrüstung verpflichtet werden.

Es gebe kein Recht auf Lärm, sagte Roger Nordmann (SP/VD) im Namen der Kommission. Die Freiheit des einzelnen höre bekanntlich dort auf, wo die Freiheit anderer beeinträchtigt werde. Manche behaupteten, es handle sich nicht um Lärm, sondern um Musik. Die Mehrheit der Bevölkerung dürfte dies aber nicht so sehen.

Kreuzzug gegen die Motorradfahrer

Der Nationalrat lehnte die Motion aber mit 97 zu 79 Stimmen bei 5 Enthaltungen ab. Das Anliegen ist damit vom Tisch. Für ein Nein geworben hatte SVP-Nationalrat Walter Wobmann (SVP/SO), der sich im falschen Film wähnte und von einem «Kreuzzug gegen die Motorradfahrer» sprach.

Der passionierte Motorradfahrer warf den Befürwortern der Motion vor, nichts von Technik zu verstehen. Eine Um- oder Nachrüstung wäre bei vielen Motorrädern gar nicht oder nur mit grossen Kosten möglich, argumentierte er. Ausserdem gehe es nicht an, neues Recht rückwirkend einzuführen.

Lückenhafte Vorschriften

Dies hatte auch der Bundesrat festgehalten. Es gebe heute tatsächlich Motorräder, die zwar vorschriftskonform seien, aber durch besonders störende Emissionen auffielen, schrieb er in seiner Antwort auf die Motion. Dies sei auf teils lückenhafte Zulassungsvorschriften zurückzuführen.

Dabei handle es sich um EU-Vorschriften, welche die Schweiz übernommen habe, damit in der Schweiz die in der EU zugelassenen Maschinen in den Verkehr gebracht werden könnten. Der europäische Gesetzgeber habe das Problem erkannt und neue Regeln beschlossen, die ab 2017 für alle neuen Motorräder gelten würden.

Der Bundesrat beabsichtigt, diese Regelung zeitgleich in der Schweiz in Kraft zu setzen. Unter anderem soll der Einbau von Klappensystemen und anderen emissonssteigernden Massnahmen verboten werden.

Dürften alte Motorräder ohne Um- oder Nachrüstung künftig nicht weiterverwendet werden, träfe dies Konsumenten, die ein vorschriftskonformes Motorrad gekauft hätten, gab der Bundesrat zu bedenken. Ausserdem würden die Schweizer Motorradfahrer diskriminiert, da die im Ausland zugelassenen Motorräder weiterhin in der Schweiz fahren dürften.

Problem ernst nehmen

Das Lärmproblem sei aber ernst zu nehmen, sagte Verkehrsministerin Doris Leuthard im Nationalrat. Und das Umgehen der Vorschriften sei nicht in Ordnung. Wobmann habe mit seiner Empörung «ein wenig übertrieben».

Die Umweltkommission hatte den lärmigen Motorrädern den Kampf ansagen wollen. Vor ihrem Entscheid hatte sie das Bundesamt für Strassen beauftragt, einen Bericht zu den Lärm- und Abgasvorschriften und den entsprechenden Tests vorzulegen.

Tricks fürs Labor

Nach der Lektüre zeigte sich die Kommission beeindruckt von der «Erfindungsgabe» der Motorradhersteller, Mechaniker und Motorradfahrer. Auf der Strasse würden die Motorräder massiv mehr Lärm und Abgase verursachen als unter Laborbedingungen, erklärte Karl Vogler (CSP/OW), der den Vorstoss initiiert hatte. Er sprach von einem «Rechtsmissbrauch».

Die Tests hätten ergeben, dass zugelassene Maschinen auf der Strasse bis zu 24 mal so laut seien wie erlaubt wäre. Es gehe nicht darum, Töfffahrern ihr Hobby zu vermiesen, beteuerte Vogler. Viel mehr gehe es darum, Auswüchse, unter welchen viele litten, nicht länger zu tolerieren. Schliesslich gebe der Staat viel Geld für Lärmschutz aus.

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