Der Nationalrat will weniger Auflagen und Gesetze für die Lebensmittelindustrie, um die Nahrungsmittelverschwendung einzudämmen. Er hat am Mittwoch einer entsprechenden Motion seiner Wissenschaftskommission (WBK) mit 161 zu 14 Stimmen bei 10 Enthaltungen zugestimmt.
Laut einer Studie des Bundesamts für Umwelt (BAFU) und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) fällt über alle Branchen betrachtet ein vermeidbarer Lebensmittelverlust von gut 350’000 Tonnen pro Jahr an.
Einer der Gründe dafür vermutet die WBK bei den hohen gesetzlichen Auflagen, wie Sprecher Hans-Ulrich Bigler (FDP/ZH) im Rat sagte. Zudem sei die Weiterverwertung von Lebensmittelabfällen – beispielsweise bei der Tierfütterung – teilweise eingeschränkt.
Eine Mehrheit in der grossen Kammer folgte dieser Argumentation. Stimmt auch der Ständerat der Motion zu, wird der Bundesrat beauftragt, die massgebenden Gesetze dahingehend zu vereinfachen, dass in der Lebensmittelindustrie die Lebensmittelverluste reduziert werden können.
Bundesrat gegen Vorstoss
Die Regierung sieht keinen regulatorischen Anpassungsbedarf, wie Bundesrat Alain Berset im Nationalrat sagte. Die grossen Nahrungsmittelverluste seien zwar ein Problem. Gelöst werden müsse dies aber vorab mit einer Sensibilisierung der Bevölkerung.
Die Hauptursache der vermeidbaren Lebensmittelverluste sehe die von der Kommission zitierten Studie im fehlenden Absatzmarkt, sagte Berset. Eine Deregulierungsmöglichkeit bestünde einzig in einer Lockerung der Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit. Dies würde den Gesundheitsschutz der Bevölkerung erheblich verschlechtern.
«Wenn Sie vom Bundesrat verlangen, das Mindesthaltbarkeitsdatum von Jogurts neu festzulegen, ist das keine Deregulierung, sondern eine zusätzliche Regulierung», sagte Berset. Heute entscheide die Industrie darüber. Das solle auch so bleiben.