Der Nationalrat will keine gesetzliche Grundlage schaffen, um die Spekulation mit Nahrungsmitteln einzudämmen. Dies hat er am Donnerstag bei den Beratungen zum Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) beschlossen – mit 103 zu 73 Stimmen.
Für eine Regulierung plädierte die Ratslinke. Die Spekulation mit Nahrungsmitteln könne steigende Preise und eine Verknappung nach sich ziehen, sagte Louis Schelbert (Grüne/LU). Dies vergrössere die Gefahr von Hunger und Elend.
Dagegen sprachen sich Vertreter des bürgerlichen Lagers aus. Die Schweiz wäre das erste Land, das so etwas ins Gesetz schreiben würde, sagte Thomas Aeschi (SVP/ZG). Sie sollte nicht «ein weiteres Mal der internationalen Gemeinschaft vorauseilen».
Kurzfristig vorgeschlagen
Konkret wollten der Bundesrat und eine Minderheit der vorberatenden Kommission im Gesetz Positionslimiten für Warenderivate verankern. Damit könnten die Einflussmöglichkeiten einzelner Marktteilnehmer limitiert werden.
Der Bundesrat hatte dies erst im Verlauf der Kommissionsberatungen vorgeschlagen. Somit war der Vorschlag auch nicht Teil der Vernehmlassung, wie von rechter Seite kritisiert wurde.
Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf begründete das Vorgehen mit der raschen internationalen Entwicklung. Die EU-Richtlinie MIFID sehe solche Positionslimiten vor. Die EU-Staaten hätten bis nächstes Jahr Zeit, die notwendigen Bestimmungen zu erlassen.
Hier bestehe nun die Möglichkeit für die Schweiz, eine solche Bestimmung im Grundsatz aufzunehmen. Die konkrete Ausgestaltung würde dann auf Verordnungsstufe erfolgen, in Abstimmung mit der Entwicklung im Ausland.
Reputationsschaden vermeiden
Damit könnte die Schweiz verhindern, dass der Handel mit Warenderivaten plötzlich auf Plattformen in der Schweiz verlagert werde, wenn andere Länder Regeln erliessen, sagte Widmer-Schlumpf. Dies würde die Reputation des Finanzplatzes gefährden.
Mit einer Regulierung wäre die Schweiz «einmal nicht zu spät und auch nicht zu früh, sondern genau rechtzeitig». Jene, die Effizienz verlangten, könnten so eine Zusatzschlaufe im Parlament verhindern.
Die Finanzministerin wies auch darauf hin, dass es vor den 1990er-Jahren bereits solche Regulierungen gegeben habe. Im Zuge der Deregulierung seien diese aber aufgehoben worden. Die Spekulation mit Nahrungsmitteln ist auch Thema einer Volksinitiative, welche die JUSO gemeinsam mit der SP, den Grünen und mehreren Hilfswerken lanciert haben.
Die Initiative verlangt ein Verbot für Banken, Vermögensverwalter oder Versicherungen, in Finanzinstrumente zu investieren, die sich auf Agrarrohstoffe und Nahrungsmittel beziehen. Ausserdem soll sich der Bund dafür einsetzen, dass die Spekulation mit Nahrungsmitteln weltweit wirksam bekämpft wird. Der Bundesrat lehnt diese Initiative ab.