Der Nationalrat will die Geldwäscherei-Regeln nicht den aktuellen internationalen Standards anpassen. Er hat die Vorlage des Bundesrates in zentralen Punkten aufgeweicht. Damit nimmt er in Kauf, dass die Schweiz auf einer schwarzen Liste landet.
Mit den Beratungen zur so genannten GAFI-Vorlage hatte der Nationalrat bereits am Mittwoch begonnen. Am Donnerstag hiess er diese mit 83 zu 54 Stimmen bei 48 Enthaltungen gut. Der Stimme enthalten haben sich SP und Grüne. Sie begründeten dies damit, dass die Vorlage bis zur Unkenntlichkeit zerzaust worden sei.
Tatsächlich blieb von den Vorschlägen des Bundesrates am Ende nicht viel übrig. Nun ist wieder der Ständerat am Zug, der die neuen Regeln ohne grosse Änderungen gutgeheissen hatte. Sollte sich der Nationalrat durchsetzen, ist der Schweiz laut Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf der Platz auf einer schwarzen Liste sicher.
Zuletzt hatte der Nationalrat über eine Ausdehnung des Begriffs politisch exponierter Personen (PEP) zu entscheiden. Bei solchen Personen müssen Banken erhöhte Sorgfaltspflichten wahrnehmen. Neu sollen auch Personen in der Schweiz in führenden Funktionen dazu zählen.
Der Nationalrat ist einverstanden, hat aber eine Ausnahme im eigenen Interesse geschaffen: Mitglieder von National- und Ständerat sollen nicht als PEP gelten. Dies beschloss der Rat mit 103 zu 84 Stimmen bei 3 Enthaltungen.
«Wer, wenn nicht Sie?»
Widmer-Schlumpf rief die grosse Kammer vergeblich dazu auf, keine solche Ausnahme zu schaffen. Sie wisse nicht, welche Politiker dann als hochrangig gelten sollten, wenn nicht die Parlamentsmitglieder. Wenn das Parlament jetzt nicht zustimme, müsse es über kurz oder lang wieder darüber befinden. SP und Grüne sowie BDP und GLP waren ebenfalls gegen die Ausnahme.
Die Befürworterinnen und Befürworter der Ausnahme aus den Reihen der SVP, FDP und CVP argumentierten, die Schweiz habe kein Berufsparlament. Es dürfe nicht sein, dass Schweizer Parlamentarier, die zugleich Unternehmer seien, bei Vertragsabschlüssen mit ausländischen Firmen benachteiligt würden, weil ihnen nun plötzlich PEP-Qualität zukomme, sagte Gabi Huber (FDP/UR).
Über andere wichtige Punkte hatte der Nationalrat bereits am Mittwoch entschieden – und dies nicht im Sinne des Bundesrates. Er lehnte es ab, Bargeldzahlungen über 100’000 Franken zu verbieten. Die Befürworter des Verbots argumentierten vergeblich, es gebe ausser Geldwäscherei keinen Grund für Barzahlungen in dieser Höhe.
Steuerbetrüger den Behörden melden
Ausserdem will der Nationalrat bei Inhaberaktien nicht volle Transparenz herstellen: Der neuen Meldepflicht sollen nur grosse Unternehmen unterstellt sein. Auch bei den Steuerdelikten, die neu als Vortaten zu Geldwäscherei gelten sollen, ist der Rat in den Details von der Bundesratslinie abgewichen.
Mit der neuen Regelung müssen Banken bei Verdacht auf schwere Steuerdelikte den Kunden der Geldwäschereibehörde melden. Betroffen wären ausschliesslich Steuerbetrüger nach aktuellem Steuerstrafrecht. Nach dem Willen des Bundesrates müssten die hinterzogenen Steuern zudem 200’000 Franken pro Steuerperiode übersteigen. Der Nationalrat will nun die Steuerrückerstattungen zum Kriterium machen.
Länderexamen nächstes Jahr
Der Bundesrat möchte mit strengeren Regeln die Empfehlungen der «Groupe d’action financière» (GAFI) umsetzen, der OECD-Expertengruppe zur Geldwäschereibekämpfung. Das nächste Länderexamen durch diese Gruppe steht im Jahr 2015 an. Die Mehrheit im Nationalrat zeigte sich davon aber unbeeindruckt.
Die SVP hatte gar nicht erst über die Details beraten wollen, sie lehnt die neuen Regeln generell ab. Andere Länder erfüllten die Richtlinien auch nicht, argumentierten die Vertreter der Partei. Die anderen bürgerlichen Parteien befürworteten zwar neue Regeln, verlangten aber, dass die Schweiz nicht mehr beschliesse als unbedingt nötig.