Vor dem Hintergrund des Ukraine-Konfliktes stärkt die NATO ihre Einsatzfähigkeit in Osteuropa. Die Verteidigungsminister verständigten sich auf eine Verstärkung ihrer schnellen Eingrifftruppe und auf die Einrichtung von Stützpunkten in osteuropäischen Ländern.
Die Verteidigungsminister des Bündnisses hätten sich sowohl auf die Vergrösserung einer neuen schnellen Eingreiftruppe auf rund 30’000 Soldaten wie auch auf die Einrichtung von Stützpunkten für deren Stationierung in sechs osteuropäischen Ländern verständigt, teilte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag in Brüssel mit.
Die Truppe soll aus Land-, Luft-, See- und Spezialkräften bestehen. Der schnell einsatzbereite Teil der Truppe besteht derzeit aus rund 13’000 Soldaten. Er soll zu einer superschnellen Eingreiftruppe mit rund 5000 Soldaten weiterentwickelt werden. Diese «Speerspitze» soll ab 2016 voll einsatzfähig sein und innerhalb weniger Tage in Konfliktregionen geschickt werden können.
«Wir passen unseren Kurs und unsere Kräfte an das Sicherheitsumfeld an», kommentierte Stoltenberg mit Blick auf Russlands Einmischung in den Ukraine-Konflikt sowie die Gefahren durch Extremismus und Terrorismus.
Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nannte die Entscheidungen ein «Zeichen der Geschlossenheit und der Entschlossenheit» und «wichtig für die innere Stärke der NATO». Die Allianz werde damit «flexibler, schneller und reaktionskräftiger».
Sie verwies dabei auch auf die geplanten Beschlüsse zum Aufbau von sechs neuen Stützpunkten in den östlichen NATO-Ländern Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien und Bulgarien. Diese sollen unter anderem als Logistik- und Koordinierungszentren für die superschnelle Eingreiftruppe dienen.
Mehrheitlich gegen Waffenlieferungen an Kiew
Mehrheitlich gegen die von den USA ins Gespräch gebrachten Waffenlieferungen an die Ukraine sprachen sich die Verteidigungsminister der europäischen NATO-Staaten aus. Die Lage in der Ostukraine bereite zunehmend Sorgen, aber Waffenlieferungen seien der falsche Weg, sagte Von der Leyen.
Die prorussischen Separatisten hätten potenziell unbegrenzten Nachschub an Waffen und schwerem Gerät. Deshalb sei die Gefahr einer Eskalationsspirale zu gross, sagte die deutsche Verteidigungsministerin. Stattdessen müsse man den politischen Druck auf Russland und die Separatisten hochhalten.
Die niederländische Verteidigungsministerin Jeanine Hennis-Plasschaert und ihr britischer Amtskollege Michael Fallon sprachen sich lediglich dafür aus, nichttödliche Militärausrüstung an die Ukraine zu liefern. Auch der militärische Oberbefehlshaber der NATO, US-General Philip Breedlove, äusserte sich skeptisch. Der Westen müsse Bedingungen schaffen, damit die Konfliktparteien an einen Tisch kämen. «Waffen werden daran nichts ändern», sagte er.
Kerry berät sich mit ukrainischer Regierung
US-Aussenminister John Kerry kündigte unterdessen eine baldige Entscheidung seiner Regierung zu Waffenlieferungen an die Ukraine an. Präsident Barack Obama werde in Kürze dazu einen Beschluss fassen, sagte Kerry am Donnerstag in Kiew. Die USA setzten sich dabei weiter für eine friedliche Lösung des Konflikts in der Ost-Ukraine ein.
Die Ukraine bittet den Westen weiterhin eindringlich um Waffen für den Kampf um den Donbass im Osten des Landes.