Die NATO ist zu einer Untersuchung zum Tod von Zivilisten durch den Militäreinsatz in Libyen bereit, sollte die neue libysche Regierung dies wünschen. Das Militärbündnis reagierte damit am Dienstag auf Medienberichte und eine Forderung Russlands.
Die NATO nehme Hinweise auf zivile Opfer „sehr ernst“, sagte NATO-Sprecherin Oana Lungescu in Brüssel. Bei den Angriffen seien alle Vorsichtsmassnahmen getroffen worden, um das Risiko für Zivilisten zu minimieren.
Die NATO sei willens, „eng mit den libyschen Behörden bei der Überprüfung bestimmter Fälle zusammenzuarbeiten“, sagte Lungescu. „Aber bislang gibt es keine Anfrage von ihnen.“
Der russische UNO-Botschafter Witali Tschurkin hatte am Montag angekündigt, das Thema am Donnerstag im UNO-Sicherheitsrat anzusprechen. Der „New York Times“ zufolge sollen durch die Luftangriffe bei dem internationalen Einsatz mindestens 40, möglicherweise sogar mehr als 70 Zivilisten getötet worden sein.
NATO ohne Zahlen
„Wir hoffen, dass die NATO sich dieses ganzen Problems annimmt und die Sache untersuchen wird“, sagte Tschurkin. Es sei „reine Propaganda“, wenn das Militärbündnis behaupte, dass es keine zivilen Opfer bei dem Einsatz gegeben habe.
Dies sei nicht nur „völlig unglaubwürdig“, sondern auch „nicht wahr“. Den Opfern gegenüber sei es „grausam und zynisch“, zu behaupten, dass nichts passiert sei, sagte der UNO-Botschafter weiter.
Die NATO hatte erklärt, dass sie jegliche zivile Opfer bedaure, dazu jedoch keine Zahlen vorliegen habe. Die NATO-Verbündeten betonen zudem, sich bei dem monatelangen Einsatz an die Vorgaben der UNO-Resolution gehalten zu haben, was UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon in der vergangenen Woche bestätigte.
Russland, China, Brasilien, Indien und Südafrika hatten sich bei der Abstimmung über den Einsatz zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung enthalten und anschliessend immer wieder kritisiert, dass die NATO ihre Befugnisse überschritten habe, um den damaligen libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi zu Fall zu bringen.