Für die Angestellten im Detailhandel gilt in Basel-Stadt ab 1. Juni 2017 ein Normalarbeitsvertrag (NAV) mit zwingenden Mindestlöhnen. Die Regierung hat diesen erlassen, nachdem zuvor jahrelange Verhandlungen der Sozialpartner ergebnislos geblieben waren.
Der NAV gilt vorerst auf drei Jahre befristet, wie das kantonale Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt (WSU) am Dienstag mitteilte. Das WSU erwarte, dass die Sozialpartner in dieser Zeit einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) aushandeln. Vorbild sei Genf, wo ein NAV nahtlos in einen GAV überführt worden sei.
Der NAV gilt gemäss einer WSU-Sprecherin für Betriebe ab vier Angestellten, auch wenn diese in Teilzeit arbeiten. Ausgeklammert seien Versandhandel, Messen und Märkte, Familienbetriebe, Beschäftigungsprogramme sowie Arbeitnehmende, die bereits einem GAV unterstehen. Wieviele Personen so vom NAV erfasst werden, ist nicht bekannt.
Automatische Lohnerhöhungen
Der NAV enthält gemäss der Mitteilung Lohnkategorien für gelerntes und ungelerntes Personal. Nach fünf Jahren Berufserfahrung im Detailhandel müssen die Arbeitgeber den Lohn anpassen. Der NAV-Mindestlohn wird nach jeweils 12 Monaten Gültigkeit zweimal um je 50 Franken erhöht.
Gemäss der WSU-Sprecherin sind die Mindestlöhne gestaffelt, je nach Ausbildung und Erfahrung. Sie bewegen sich zwischen 3500 und 4000. Franken. – Laut einer Mitte März publizierten Auswertung des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB) sind die Löhne des Verkaufspersonals im Schweizer Detailhandel seit Jahren unter Druck.
Der Regierungsrat habe die im NAV festgelegten Mindestlöhne anhand einer Lohnerhebung der Tripartiten Kommission (TPK) festgelegt, hiess es weiter. Den früheren GAV im Basler Detailhandel hatte die Angestelltenvereinigung Region Basel (ARB) per November 2011 gekündigt; seither herrscht bis heute ein vertragsloser Zustand.
Laut der WSU-Mitteilung besteht Handlungsbedarf: Die TRP habe bereits im März 2013 die Sozialpartner informiert, dass man «bei der Arbeitsmarktbeobachtung Hinweise auf missbräuchliche Lohnunterbietungen» gefunden hatte. Die TPK besteht aus je drei Vertretern von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden sowie der Kantonsverwaltung.
Arbeitnehmerverbände uneins
Als darauf dennoch weitere Verhandlungsrunden scheiterten, beantragte die TPK die Einführung eines NAV – solche darf die Exekutive einseitig erlassen. Der Entwurf ging dann im letzten Sommer in die Vernehmlassung, deren Ergebnis auch berücksichtigt worden sei – ebenso wie bestehende GAV der Branchenriesen.
Für den Basler Detailhandel ist ein neuer GAV seit Jahren umstritten. Als Verhandlungen 2009 scheiterten, wollte die ARB nicht mehr am damals bestehenden GAV festhalten. Ein neuer GAV für das Basler Verkaufspersonal war zwar 2009 ausgehandelt worden, dann aber kurz vor der Unterzeichnung noch gescheitert.
Für jenes Scheitern hatte die ARB schon 2009 die Verantwortung den Gewerkschaften Syna und Unia zugewiesen. Dabei sei es um Ferien und Mindestlöhne gegangen. Die Angestelltenvereinigung selbst hätte dagegen den neuen Vertrag unterschrieben. Daher kündigte sie konsequenterweise den alten, seit 2005 geltenden Vertrag.