Nach seiner Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Haft auf Bewährung ist Kremlkritiker Alexej Nawalny trotzt seines Hausarrests zu einer Demonstration seiner Anhänger gefahren. Noch vor seiner Ankunft am Ort der Kundgebung in Moskau nahm die Polizei ihn fest.
Polizisten hätten ihn anschliessend zu seiner Wohnung gefahren, teilte Nawalny am Dienstagabend über den Kurzbotschaftendienst Twitter mit. Mehrere Beamte seien dort geblieben und würden vor seiner Tür darüber wachen, dass er seine Wohnung nicht verlasse.
Nawalny hatte sich zuvor auf den Weg zu einer nicht genehmigten Protestkundgebung gemacht. «Hausarrest habe ich, aber heute will ich unbedingt bei euch sein, deswegen fahre ich», hatte der Oppositionspolitiker auf Twitter geschrieben.
Seine Anhänger protestierten gegen seine Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Haft auf Bewährung sowie gegen die Verurteilung seines Bruders Oleg zu dreieinhalb Jahren Gefängnis. Die Behörden haben den Protest unweit des Kremls nicht genehmigt.
Ausserdem nahm die Polizei nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten mehr als 130 Demonstranten fest. Der Anwalt und Regierungskritiker Nawalny steht seit Februar unter Hausarrest.
Dreieinhalb Jahre Haft auf Bewährung
Der führende Oppositionelle war am Morgen zu dreieinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Ein Gericht in Moskau sprach den Regierungskritiker und seinen Bruder Oleg am Dienstag in einem umstrittenen Betrugsprozess schuldig.
Die Staatsanwaltschaft hatte zehn Jahre Lagerhaft gefordert. Nawalny weist die Vorwürfe als politisch motiviert zurück.
Er und sein Bruder sollen den französischen Kosmetikkonzern Yves Rocher um fast 27 Millionen Rubel (laut damaligem Wechselkurs rund 600’000 Franken) betrogen haben, als das Unternehmen ihren Vertriebsdienst benutzte. Der Finanzdirektor der russischen Filiale von Yves Rocher, Christian Melnik, gab allerdings eine Erklärung ab, nach der dem Unternehmen durch die Kooperation mit dem Vertriebsdienst der Brüder Nawalny letztlich kein Schaden entstand.
Ursprünglich hatte Yves Rocher jedoch eine Klage gegen Unbekannt eingereicht, weil das Unternehmen davon ausgegangen war, der Transportdienst hätte billiger ausgeführt werden müssen. Nawalny hat fast das ganze Jahr unter Hausarrest verbracht, wobei er nur mit seinen Anwälten und Angehörigen kommunizieren durfte.
Er hatte schon wiederholt mit der Justiz zu tun. So wurde er im Juli 2013 in einem anderen Betrugsprozess zu fünf Jahren Haft verurteilt, doch wurde die Strafe später ausgesetzt. Bei der Wahl des Moskauer Bürgermeisters im September 2013 war der Blogger und Aktivist auf dem zweiten Platz gelandet.