Die süditalienische Stadt Neapel sucht nach Wegen, um den Kampf gegen das organisierte Verbrechen mithilfe der Bürgerinnen und Bürger effizienter zu gestalten. So sollen Kaufleute und Unternehmer die Mafiosi anzeigen.
Neapolitaner, die wegen Erpressungen und Wucher Anzeigen einreichen, brauchen drei Jahre lang keine Gemeindeabgaben mehr zu zahlen. Die Steuerbefreiung gilt ab der erstinstanzlichen Verurteilung der Angezeigten, heisst es in einem Beschluss des neapolitanischen Gemeinderats.
«Wir senden den Bürgern ein klares Signal: Die Behörden wollen all jene Neapolitaner aktiv unterstützen, die mit uns das organisierte Verbrechen bekämpfen», hiess es in einer Mitteilung des Gemeinderats unter der Führung von Bürgermeister Luigi De Magistris.
Die Gemeinde wolle den Bürgern klar machen, dass sie nicht allein sind, wenn es darum geht, ihre Erpresser anzuzeigen. «Wir wollen ein Netz der Solidarität aufbauen, um das organisierte Verbrechen zu bekämpfen, das von der Krise profitiert und sich mit Erpressung und Wucher enorm bereichert», erklärte ein Sprecher des Gemeinderats.
Erfolgreiche Kampagne in Palermo
Immer mehr Kaufleute und Unternehmer beteiligen sich im Süden Italiens an einer Kampagne gegen das organisierte Verbrechen. Sie erklären öffentlich, keine Schutzgelder mehr an die Clans zu zahlen. In den Geschäften Palermos prangen Aufkleber mit der Aufschrift: «Ein ganzes Volk, das Schutzgelder zahlt, ist ein Volk ohne Würde».
Die Anti-Mafia-Kampagne habe bereits mehr als 7000 Einwohner Palermos überzeugt, ausschliesslich Geschäfte, Cafés und Lokale zu nutzen, die an der Aktion beteiligt sind, hiess es. Schätzungen von Ermittlern zufolge bezahlen 80 Prozent aller Händler in Palermo Schutzgelder an die Mafia.
Die Mafia nutzt die Krise aus, um immer tiefer in das Wirtschaftssystem in Nord- und Mittelitalien einzudringen, warnen Ermittler. Das organisierte Verbrechen sei Italiens Unternehmen mit dem höchsten Umsatz.
Wie aus Studien hervorgeht, steht die Kriminalität in dem Mittelmeerland mit 140 Milliarden Euro Umsatz für 7 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP). Der Jahresbericht des Verbandes der italienischen Kaufmannschaften, «Confesercenti», nannte zuletzt illegale Müllentsorgung, Schutzgelderpressung, illegalen Geldverleih, Diebstahl, Betrug und Schmuggel als Hauptgeschäftsbereiche der kriminellen Organisationen.