«Unsere Politik lässt Menschen untergehen»: Mit diesem Slogan und dem Bild eines Flüchtlingsbootes bekämpfen die Gegnerinnen und Gegner die Revision des Asylgesetzes. Am Montag haben sie den Abstimmungskampf eröffnet.
Die Hysterie in der Asylpolitik und das grundsätzliche Misstrauen gegenüber den Flüchtlingen müssten ein Ende haben, sagten die Vertreterinnen und Vertreter des Referendumskomitees vor den Medien in Bern. Die Gesetzesrevision, über die das Stimmvolk am 9. Juni entscheidet, bringe erhebliche Verschärfungen.
Nein sagen die Gegner insbesondere zur Abschaffung des Botschaftsasyls. Damit verbarrikadiere die Schweiz eine der wichtigsten Fluchtmöglichkeiten für Schutzbedürftige, sagte Andreas Lustenberger, Co-Präsident der Jungen Grünen. Die Massnahme treibe die Flüchtlinge in die Hände skrupelloser Schlepper.
Wehrdienstverweigerer besonders gefährdet
Unhaltbar ist aus Sicht des Nein-Komitees auch, dass Wehrdienstverweigerung neu kein Asylgrund mehr ist. Die Massnahme, hinter welcher Christoph Blocher stecke, treffe die gefährdetsten Flüchtlinge, kritisierte Josef Lang, Vizepräsident der Grünen.
Er erinnerte daran, dass das Parlament die Vorlage des Bundesrates in diesem Punkt noch verschärft hatte. Der Bundesrat wollte ins Gesetz schreiben, dass Personen, die «einzig» wegen Wehrdienstverweigerung Nachteilen ausgesetzt sind, keine Flüchtlinge sind. Das Parlament strich das Wort «einzig».
Für Pazifisten eine Grundsatzfrage
Das Parlament fügte allerdings an, dass die Flüchtlingskonvention vorbehalten bleibt. Laut Sommaruga ändert sich damit nicht viel für jene, die wegen Wehrdienstverweigerung verfolgt werden. Die Gegner widersprechen. Sie befürchten, dass Betroffene nur noch vorläufig aufgenommen werden und damit kein Recht auf Familiennachzug mehr haben, obwohl auch Angehörige verfolgt werden könnten.
Problematisch sind aus Sicht der Gegner indes nicht nur die praktischen Auswirkungen für Wehrdienstverweigerer: Die Schweiz sende damit die Botschaft aus, dass aus helvetischer Sicht nicht asylwürdig sei, wer den Krieg verweigere, kritisierte Lang. «Für Pazifistinnen und Pazifisten ist die Bekämpfung dieser Revision deshalb auch eine Grundsatzfrage.»
Keine «Lager» für Renitente
Weiter wehrt sich das Komitee gegen spezielle Zentren für renitente Asylsuchende. Auf Basis des vagen Begriffs «renitent» werde eine neue Kategorie asylsuchender Menschen geschaffen, gab Melanie Aebli von den Demokratischen Juristinnen und Juristen Schweiz zu bedenken. Ein blosser Verdacht könne genügen, um jemanden in ein solches «Lager» zu stecken. Dies sei nicht zu rechtfertigen.
Weil das Parlament Dringlichkeit beschlossen hat, sind die Massnahmen bereits vor der Volksabstimmung in Kraft. Das Referendum ergriffen hatten verschiedene linke Organisationen. In der SP ist es umstritten: Die Delegierten beschlossen, keine Unterschriften zu sammeln, doch kamen etliche Sektionen zu einem anderen Schluss.
Widerstand als Gebot
Gegen das Referendum wurden taktische Überlegungen vorgebracht: Eine Abstimmung heize bloss die Diskussion an und spiele am Ende jenen in die Hände, die das Asylgesetz weiter verschärfen wollten.
Solche Argumente lässt das Nein-Komitee jedoch nicht gelten: «Humanistischer Widerstand ist ein Gebot, unabhängig von taktischen Überlegungen», sagte Josef Lang dazu. Moreno Casasola von «Solidarité sans frontières» stellte fest, es sei nicht die Diskussion über die Verschärfung, welche die Verschärfung bringe.
Das «Mantra der Verschärfungspolitiker» durchziehe die Asylpolitik seit Jahren wie ein Stacheldraht, schreibt das Referendumskomitee in seinem Flyer zur Abstimmung. Die Asylpolitik sei von einer Missbrauchsdebatte durchtränkt, Flüchtlinge und Asylsuchende würden als potenzielle «Aasgeier» abgestempelt. «Dagegen wehren wir uns.»