Malaysische Ermittler haben Spuren des Nervengases VX am Leichnam des ermordeten mutmasslichen Halbbruders von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un gefunden. Auf dem Gesicht Kim Jong Nams seien Rückstände des auch als Chemiewaffe eingesetzten Gases entdeckt worden.
Der hoch toxische Stoff sei in entnommenen Gewebeproben von Gesicht und Augen des Toten enthalten gewesen, teilte die malaysische Polizei am Freitag mit. Die Substanz wurde nach ersten Analysen des malaysischen Zentrums für die Analyse von Chemiewaffen als O-Ethyl- S-2-Diisopropylaminoethyl Methylphosphonothiolat identifiziert, eine der chemischen Bezeichnungen für den Kampfstoff VX.
VX ist eine farblose bis gelbliche Flüssigkeit. Sie gilt als stärkstes Nervengas und wird über die Haut, Augen, Nahrung und Atemwege in den Körper aufgenommen. Dies führt zu Übelkeit, Lähmung der Atemmuskulatur und dann binnen weniger Minuten zum Tod durch Ersticken. Das Gas VX wird auch als Chemiewaffe eingesetzt. Die UNO stuft die Substanz als Massenvernichtungswaffe ein.
Wenige Milligramm wirken tödlich
Eine Gasmaske allein bietet keinen ausreichenden Schutz. Da der Stoff in erster Linie durch die Haut aufgenommen wird, ist ein spezieller Schutzanzug erforderlich. Einen wirksamen Schutz von Zivilisten gegen einen Anschlag mit VX gibt es deshalb nicht. Das beste Gegenmittel ist Atropin.
Schon wenige Milligramm VX wirken tödlich. VX wurde bei der Forschung nach Insektenschutzmitteln in Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg entdeckt, jedoch im Krieg nicht eingesetzt.
Die US-Armee und die Streitkräfte in der ehemaligen Sowjetunion produzierten und lagerten VX bis zur Unterzeichnung der Chemiewaffen-Konvention 1997, die die Zerstörung aller Vorräte verlangt. Der tödliche Stoff kann billig in Produktionsanlagen für Pflanzenschutzmittel hergestellt werden.
Vier Festnahmen
Der 45-jährige Kim Jong Nam war am 13. Februar am Flughafen von Kuala Lumpur ermordet worden. Südkoreanischen Medien zufolge sprühten ihm die Täter Gift ins Gesicht.
Vier Verdächtige wurden bereits festgenommen: ein 46-jähriger Nordkoreaner, eine 25-jährige Frau mit indonesischem Pass und ihr malaysischer Freund sowie eine 28-jährige Verdächtige mit vietnamesischem Pass.
Vier weitere Verdächtige aus Nordkorea, Männer im Alter von 33 bis 57 Jahren, haben sich nach Erkenntnissen der malaysischen Behörden nach Pjöngjang abgesetzt. Die insgesamt fünf Verdächtigen aus Nordkorea sind nach Ansicht der malaysischen Polizei in den Mord verwickelt. Ausserdem hatten die malaysischen Ermittler am Mittwoch angekündigt, in dem Fall auch die Nummer Zwei der nordkoreanischen Botschaft in Kuala Lumpur vernehmen zu wollen.