Der Preisdruck in den Industrieländern und der starke Franken haben das Wachstum von Nestlé gebremst. In den ersten sechs Monaten des Jahres ging der Umsatz des weltweit tätigen Nahrungsmittelkonzerns um 4,8 Prozent auf 43,0 Mrd. Fr. zurück.
Für diesen Rückgang sind einzig die Veränderungen der Wechselkurse verantwortlich. In einer Medienmitteilung vom Donnerstag beziffert das Unternehmen mit Sitz in Vevey den durch Wechselkurseffekte verursachten Umsatzrückgang auf 8,8 Prozent. In Lokalwährungen gerechnet gelang dem Konzern ein Wachstum von 4,7 Prozent.
Besonders im zweiten Quartal konnte Nestlé merklich an Wachstumstempo zulegen. Während der Konzern in den ersten drei Monaten mit 4,2 Prozent noch das tiefste organische Wachstum seit 2009 ausgewiesen hatte, stieg dieses im zweiten Quartal auf über 5 Prozent, wie Finanzchefin Wan Ling Martello an einer Telefonkonferenz ausführte.
Mit den Wachstumszahlen übertraf der für Marken wie Nespresso oder Cailler bekannte Nahrungsmittelhersteller die Erwartungen der Analystengemeinde und die Kennzahlen seiner Konkurrenz. Der französische Danone-Konzern beispielsweise ist lediglich um 2,2 Prozent gewachsen.
Und Nestlé will sich offenkundig auch ins Zeug legen, dass es bei diesem Vorsprung bleibt. Finanzchefin Martello betonte jedenfalls die Bereitschaft, die nötigen Investitionen zu tätigen, um das Wachstumstempo im laufenden Jahr zu halten.
Wachstum selbst in der Ukraine
Eine weitere Schwierigkeit stellen derzeit gemäss Nestlé die tiefe Teuerung und das mangelnde Konsumentenvertrauen in den Industrieländern dar. So wuchs der Nahrungsmittelmulti in der ersten Jahreshälfte in den Industrieländern denn auch nur um 0,6 Prozent, wohingegen das Wachstum vor einem Jahr noch 1,0 Prozent betragen hatte.
Als Wachstumstreiber erwiesen sich dagegen erneut aufstrebende Schwellenländer. In solchen sogenannten Emerging Markets erzielte der Weltmarktführer ein Umsatzplus von 9,7 Prozent. Mittlerweile steuern Märkte wie China und Brasilien 44 Prozent zum Konzernumsatz bei.
Trotz der Ukraine-Krise legte Nestlé selbst in Zentral- und Osteuropa zu. Laut Communiqué sind nach einem «schwierigen Start» sogar die Umsätze in der Ukraine angestiegen. Da der Konzern die meisten in Russland hergestellten Produkte auch im Land selbst verkauft, befürchtet Finanzchefin Martello kaum Auswirkungen der westlichen Sanktionen auf den Nestlé-Umsatz.
Gewinn rückläufig
Die Wechselkurseffekte und der Preisdruck in den Industrieländern sowie erhöhte Rohstoffkosten etwa bei den Milchprodukten wirkten sich auch auf die Profitabilität aus. Nestlé verdiente mit 6,4 Mrd. Fr. vor Zinsen und Steuern über 5 Prozent weniger als noch im Vorjahr. Der Reingewinn sank um rund 9,5 Prozent auf 4,5 Mrd. Franken. Damit sank die Rentabilität stärker als der Umsatz.
Die Konzernleitung zeigt sich bezüglich der Aussichten jedoch zuversichtlich. «Die Leistung in der ersten Jahreshälfte erlaubt es uns, den Ausblick für das Gesamtjahr zu bestätigen», lässt sich Konzernchef Paul Bulcke zitieren.
Der Konzern rechnet weiterhin mit einem organischen Wachstum in der Grössenordnung von 5 Prozent und einer Verbesserung der Margen. Nestlé kündigte am Donnerstag ausserdem ein neues Aktienrückkaufprogramm mit einem Volumen von 8 Mrd. Fr. an.
Ebenfalls zufrieden mit dem Halbjahresergebnis zeigten sich die Anleger. Bis nach Börsenschluss lag die Nestlé-Aktie 3,4 Prozent über dem Schlusskurs des Vorabends. Der Gesamtmarkt gemessen am Swiss Market Index (SMI) schloss 0,2 Prozent höher.
Die Branchenbeobachter sind jedoch hinsichtlich der Aussichten für Nestlé geteilter Meinung. Während die Analysten der Zürcher Kantonalbank (ZKB) eine Entspannung der Währungssituation erwarten, zeigen sich die Beobachter der UBS besorgt aufgrund einer möglichen Abschwächung der Marktentwicklung in den Schwellenländern.