Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat dem Iran indirekt mit einem Militärschlag gedroht, falls das Land sich atomar bewaffnen sollte. «Israel hat keine Wahl, als sich selbst zu verteidigen», sagte Netanjahu vor der UNO-Vollversammlung in New York.
«Ich möchte es ganz klar sagen: Israel wird nicht erlauben, dass der Iran sich atomar bewaffnet. Auch wenn wir allein stehen sollten, werden wir viele, viele andere verteidigen.» Ein Iran mit Atomwaffen sei noch viel schlimmer als ein Nordkorea mit Atomwaffen, warnte Netanjahu am Dienstag zum Abschluss der UNO-Generalversammlung. «Es wäre so schlimm wie 50 Nordkoreas!»
Israel betrachtet das Atomprogramm im Iran als grösste Bedrohung seiner Existenz. Der Westen verdächtigt die Führung in Teheran, unter dem Deckmantel einer zivilen Forschung Atomwaffen entwickeln zu lassen. Der Iran bestreitet das.
«Wolf im Schafspelz»
Netanjahu, der sich am Montag mit US-Präsident Barack Obama getroffen hatte, warnte erneut eindringlich davor, dem Kurs der neuen iranischen Führung Glauben zu schenken. Präsident Hassan Ruhani möge moderater klingen als sein Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad, aber es gebe nur einen Unterschied: «Ahmadinedschad war ein Wolf im Wolfspelz. Ruhani ist ein Wolf im Schafspelz», sagte Netanjahu.
«Ich würde ihm gern glauben, aber wir müssen den Iran an den Taten messen. Und da sehe ich einen gewaltigen Unterschied.» Die Sanktionen gegen den Iran dürften nicht gelockert werden. «Um Krieg morgen zu vermeiden, müssen wir heute hart bleiben.»
Es gebe keinen Zweifel, dass der Iran, «während Ruhani uns mit diplomatischem Rauch vernebeln will», an einer Atombombe baue, sagte Netanjahu. «Das Land verfügt über Unmengen von Energieträgern. Und man baut keine Interkontinentalraketen, um da ein paar Kilo TNT reinzupacken, man baut sie für Atombomben», fügte er hinzu. «Es ist schwierig, Beweise dafür zu finden, dass der Iran kein Atomprogramm hat.»
Irans Konter
Der Iran hatte die USA bereits vor der Rede Netanjahus aufgefordert, sich von der israelischen «Panikmache» nicht beeindrucken zu lassen. «Von Netanjahu erwarten wir nichts anderes als Lügen, Schwindel und Panikmache», sagte Irans Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif laut der Nachrichtenagentur ISNA.
Im Hinblick auf die israelisch-palästinensischen Friedensgespräche sagte Netanjahu, er sei zu einem «historischen Kompromiss» und «schmerzhaften Zugeständnissen» bereit – allerdings mit Bedingungen: «Ich werde niemals die Sicherheit meines Landes und meines Volkes aufs Spiel setzen.»
Nordkoreas Votum
Neben Netanjahu sprach zum Abschluss der Generaldebatte der UNO-Vollversammlung, die jedes Jahr zu Beginn der Sitzungsperiode stattfindet, unter anderem auch Nordkoreas Aussenminister Pak Ui Chun. Sein Land, das seit einem Atombomben-Test im Februar weltweit in der Kritik steht, fordere die Abschaffung aller Atomwaffen, sagte er. «Wir müssen durch Abrüstung eine atomwaffenfreie Welt schaffen.» Welchen Beitrag das kommunistische Land dazu leisten könne, liess Pak allerdings unerwähnt.
Mit zwölf Ansprachen ging der Redemarathon der Generaldebatte, bei dem jedem der 193 Mitgliedsstaaten ergänzt um den Vatikan, die Palästinenser und die Europäische Union 15 Minuten zustehen, nach insgesamt sieben Tagen am Dienstag zu Ende.