Das Basler Erziehungsdepartement begründet die Einstellung des Netzwerk 4057 finanzpolitisch. Dabei wäre eine dauernde Einrichtung von Bildungsnetzwerken lohnender als nur eine Anschubfinanzierung über Projekte.
Mit grosser Freude habe ich die Worte von Pierre Felder (www.telebasel.ch, ab Minute 11:05) vernommen, in welchen klar wurde, dass die Einstellung der Finanzierung des Netzwerks 4057 finanzpolitische Gründe hat. In seiner Aussage schwang die Anerkennung des Angebots mit und, so scheint es, als würden wir auf die letzten Tage des Netzwerks 4057 über das Wesentliche sprechen: Es fehlt Geld, um solche Angebote langfristig zu finanzieren.
Zum Glück besteht die durchaus berechtigte Diskussion, welcher Form von Bildungslandschaft der Vorzug zu geben sei. Gemeinsam mit der Jacobs Foundation stärkt der Kanton an einigen Schulen die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichsten Bildungseinrichtungen, Freizeitangeboten und weiteren Dienstleistungen für Kinder und Familien.
Es geht um die Vernetzung aller bedeutenden Angebote
Im Kern geht es um die Vernetzung aller für das Aufwachsen von Kindern bedeutenden Angebote. Daraus soll ein Mehrwert entstehen, der den Schülerinnen und Schülern zugute kommt. Die Schule soll sich nicht länger als eine Insel verstehen, sondern das gesamte Umfeld wahrnehmen, die Möglichkeiten dieses Umfelds nutzen und – wo nötig – auch Veränderungen zum Wohle der Kinder anstreben.
In der Idee des Erziehungsdepartements ist dies mit den bestehenden Ressourcen der Schulen auch langfristig möglich. Gemäss ED bedarf es einer einmaligen Projektphase von vier Jahren. Danach sei die Schule nachhaltig mit dem Quartier vernetzt.
Sicher bewirkt eine solche Pilotphase von vier Jahren ein erstes Umdenken und einzelne Aspekte könnten über längere Dauer an der Schule etabliert bleiben. Viele Kontakte werden jedoch wieder einschlafen. Schon beim ersten Wechsel in einem Vereinsvorstand, in der Leitung oder bei einem wichtigen Akteur kann dieses Wissen aber wieder verloren gehen oder an Bedeutung verlieren. Der einzige Effekt einer solchen Phase, der über längere Zeit wirken könnte, ist ein erster Kulturwandel an der Schule und bei den Lehrpersonen.
Zweifel an nachhaltigem Kulturwandel
Ich bezweifle jedoch stark, dass sich im Zuge der umfassenden Reformen, wie sie die Schulen in Basel zur Zeit erleben, ein solcher Kulturwandel nachhaltig etablieren lässt. Viele andere Einflussfaktoren werden diesen Wandel übertönen. So bleibt diese Wirkung ein leiser Wunsch aller Beteiligten.
Das grosse Engagement unzähliger Freiwilliger beim Aufbau einer Bildungslandschaft kann auf diese Weise nicht die gewünschte Nachhaltigkeit in ihren eigenen Organisationen erzielen. Damit würde die eingesetzte Zeit einzig einem vagen Ziel eines «Kulturwandels» an der Schule zur Verfügung gestellt.
Das Konzept des Netzwerks 4057 ist von seiner Zielsetzung gleich ausgerichtet wie die neuen Bildungslandschaften. Es ist allerdings anders organisiert und versucht, die Vernetzung mit den Akteuren zentraler zu gestalten, was gerade den unzähligen Ehrenamtlichen entgegenkommt: Sie haben die Möglichkeit, mit nur einer Ansprechstelle zu kommunizieren und damit jedes Schulhaus in ihrem Umkreis zu erreichen.
Ressourcen sollen bewahrt werden
In den neuen Bildungslandschaften existiert in jeder Schule eine andere Ansprechperson – was allein im Tätigkeitsgebiet des Netzwerks 4057 vier Zuständige ergeben würde. Die Angliederung an das Stadtteilsekretariat bietet uns in der jetzigen Form die Möglichkeit, Synergieeffekte in der Quartiervernetzung zu nutzen. Diese müssen dadurch von den Schulen nicht extra aufgebaut werden.
Sowohl für das Netzwerk 4057 wie auch für die neuen Bildungslandschaften gilt, dass die Aufrechterhaltung von Netzwerken den Einsatz von Ressourcen aller Beteiligten bedingt. Diese Ressourcen stehen im Netzwerk 4057 ebenso wie in den Bildungslandschaften zur Verfügung und werden mit dem Auslaufen der Programme verschwinden. Die Nachhaltigkeit von Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten, die im Rahmen dieser Projekte aufgebaut wurden, ist somit nicht gewährleistet.
Das wirkliche Problem ist also nicht, dass die Finanzierung des Netzwerks 4057 eingestellt wird, sondern dass Strukturen geschaffen werden, die eigentlich eine nachhaltige Finanzierung benötigen. Genau die ist aber nicht vorgesehen. Die Überführung eines Netzwerks 4057 in die schulzentrierten Strukturen ist ebenso denkbar wie umgekehrt die Weiterführung und nachhaltige Absicherung der Bildungslandschaften mit einem Modell des Netzwerks 4057. Damit sind wir jedoch wieder bei den Aussagen von Pierre Felder, dass die Schulen für solche Angebote kein Geld haben.
Einstellung finanzpolitisch kaum zu rechtfertigen
Das Netzwerk 4057 sorgt sich um das Aufwachsen von Kindern, die in Quartieren leben. In Quartieren, die sich stark verändern und in denen ein wesentlicher Bevölkerungsanteil als benachteiligt gilt. Die Kosten sind im Verhältnis zu den Gesamtkosten der Bildung derart gering, dass sich die Einstellung des Angebots finanzpolitisch kaum rechtfertigen lässt.
Wenn sich in einigen Jahren wider Erwarten doch herausstellen sollte, dass Bildungslandschaften ohne zusätzliche Finanzierung funktionieren, dann kann das System noch immer umgestellt werden. Bis zu diesem Punkt könnten die Kinder jedoch weiterhin profitieren und es ist sicher gerechtfertigt, im Rahmen einer solch experimentellen Ausgangslage die Kosten in Kauf zu nehmen. Bildung und die Weiterentwicklung von Bildung kosten nun mal Geld.
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Andreas Wyss ist im Vorstand des Stadtteilsekretariats Kleinbasel und dort zuständig für Finanzen und Mittelbeschaffung. Er ist in dieser Funktion auch zuständig für das Netzwerk 4057, über das er an der Fachhochschule Nordwestschweiz bereits eine Evaluation verfasst hat.