Über 36 Jahre nach dem Fünffach-Mord von Seewen liegen der Polizei neue Hinweise eines Zeugen vor. Obwohl die ungeklärte Bluttat verjährt ist, prüfen die Solothurner Staatsanwaltschaft und Kantonspolizei, in welcher Form den Hinweisen nachgegangen werden kann.
Es gebe eine neue Aussage, die schriftlich vorliege, sagte Polizeisprecher Bruno Gribi am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Er bestätigte einen entsprechenden Bericht des «SonntagsBlicks».
Die Staatsanwaltschaft müsse nun die juristische Frage klären, in welcher gesetzlich zulässiger Form den Hinweisen nachgegangen werden könne, hielt Gribi fest. Erst danach könne der nächste Schritt gemacht werden.
«Es gibt ganz spezielle gesetzliche Vorschriften, was man allenfalls noch darf oder was auch nicht.» Das Verbrechen von 1976 ist nach 30 Jahren verjährt. Beim Zeugen handelt es sich laut «SonntagsBlick» um einen 66-jährigen Mann, der einen möglichen Tatbeteiligten belasten soll.
Bluttat im kleinen Wochenendhaus
Der Fünffach-Mord von Seewen ist das grösste ungeklärte Verbrechen in der Kriminalgeschichte der Schweiz. Die Bluttat geschah im «Waldeggli», einem kleinen Wochenendhaus.
Fünf Menschen wurden dort am Pfingstsamstag, dem 5. Juni 1976, mit 13 Schüssen aus einer Winchester-Imitation regelrecht hingerichtet. Vier Leichen wurden ins Häuschen geschleppt, die fünfte auf der Terrasse in einen Teppich gewickelt.
Die Opfer waren ein Ehepaar, die 62-jährige Elsa und der 63- jährige Eugen Siegrist. Ermordet wurden auch die Witwe Anna Westerhäuser-Siegrist (80) sowie deren Söhne Emanuel (52) und Max (49).
Obwohl die Polizei über 9000 Hinweisen nachging und systematisch nach Besitzern von solchen Gewehren fahndete, verliefen die Ermittlungen lange erfolglos.
Tatwaffe 1996 zufällig gefunden
Erst im Herbst 1996 brachte «Kommissar Zufall» die Ermittlungsbehörden einen Schritt weiter. Bei der Renovation einer Wohnung in Olten entdeckte ein Handwerker die Tatwaffe: Die Winchester-Imitation mit gekürztem Lauf war hinter der Küchenkombination in einem Plastiksack versteckt.
Das Gewehr gehörte Carl Doser, die Wohnung dessen Mutter. Der früher in Basel wohnhafte Einzelgänger war bereits 1976 im Rahmen einer Reihenuntersuchung von der Basler Polizei befragt worden.
Der Verdächtige erklärte damals, er habe seine Waffe auf einem Flohmarkt an einen Unbekannten verkauft. Eine Inspektion seiner Kleinbasler Wohnung hatte keine Anhaltspunkte für eine Tatbeteiligung ergeben. Die Akte wurde abgelegt. Doser verliess die Schweiz 1977. Seither ist er spurlos verschwunden.