Neuer Raiffeisen-Chef: Tage des Bankgeheimnisses sind gezählt

Der designierte neue Chef der Raiffeisenbank, Patrik Gisel, geht davon aus, dass sich das Bankgeheimnis im Inland in der heutigen Form langfristig nicht halten lässt. Für wahrscheinlicher hält er die Einführung des automatischen Informationsaustauschs.

Vom Vize zum Chef der Raiffeisen: Patrik Gisel (Archiv) (Bild: sda)

Der designierte neue Chef der Raiffeisenbank, Patrik Gisel, geht davon aus, dass sich das Bankgeheimnis im Inland in der heutigen Form langfristig nicht halten lässt. Für wahrscheinlicher hält er die Einführung des automatischen Informationsaustauschs.

Auf die Frage, ob es der automatische Informationsaustausch auch im Inland komme, sagte Gisel im Interview mit der Zeitung «Schweiz am Sonntag»: «Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Diskussion in diese Richtung geht.» Es handle sich um eine Diskussion, welche die Schweizer Bürger in den nächsten Jahren führen müssten.

Zur Initiative aus Kreisen der SVP und der FDP zur Verstärkung des Bankgeheimnisses sagte Gisel, er halte das Anliegen für legitim. «Es geht um Grundwerte, welche die Schweiz seit Jahrhunderten besitzt und mit denen man sehr vorsichtig umgehen sollte.» Er zeigt sich aber skeptisch, ob die Privatsphäre im geforderten Ausmass in der Verfassung verankert werden soll.

Der 52-jährige Gisel ist Mitglied der FDP, wie er im Interview sagte. Er bezeichnet sich als Passivmitglied, was nach seinen Worten folgendes bedeutet: «Ich bezahle meinen Mitgliederbeitrag und verfolge interessiert, was die Partei zu den wichtigen Fragen sagt.»

Fokus auf Digitalisierung

Der bisherige Raiffeisen-Vize Gisel wird auf Anfang Oktober die Leitung der Bankengruppe Raiffeisen von Pierin Vincenz übernehmen. Der 58-jährige Vincenz sucht nach 20 Jahren bei Raiffeisen eine neue Herausforderung: Bei der Versicherungsgruppe Helvetia ist er als Verwaltungsratspräsident vorgesehen.

Laut Gisel soll die Strategie bei Raiffeisen unter ihm die gleiche bleiben wie unter seinem Vorgänger. Nebst dem Ausbau des Kerngeschäfts und des Geschäfts mit Anlage- und Firmenkunden sei etwa die Digitalisierung ein wichtiges Thema, sagte er weiter.

Er glaube zwar nach wie vor an den physischen Kanal mit Bankstellen. Aber: «Es wird sicher weniger Bankstellen geben», sagte er. Raiffeisen wolle auch über digitale Kanäle an die Kunden gelangen: «Wir werden dazu innerhalb der Raiffeisen eine Art Think Tank mit drei bis fünf Leuten aufbauen, der sich ausschliesslich mit Zukunftsfragen im Bankgeschäft beschäftigt.»

Abschluss im Steuerstreit offen

Zur Beilegung des Steuerstreits mit den USA laufen laut Gisel intensive Gespräche. Raiffeisen hat sich im Programm des US-Justizdepartements in der Gruppe 3 eingereiht, was aus Gisels Sicht nach wie vor richtig ist.

Es sei schwierig zu sagen, wann es zu einer Vereinbarung komme, sagte er weiter. «Ob ein Abschluss diese Jahr noch möglich ist, bleibt völlig offen.»

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