Die Ernennung des Brasilianers Roberto Azevêdo als Chef der Welthandelsorganisation (WTO) wurde von den Delegierten der 159 Mitgliedsländern am Dienstag offiziell genehmigt. Azevêdo ist für vier Jahre gewählt und wird sein Amt am 1. September in Angriff nehmen.
«Alle haben sich positiv geäussert. Jeder Delegierte hat sich angeschickt, den neuen Chef in seinem Amt zu unterstützen», sagte ein WTO-Sprecher am Dienstag am Rande der ausserordentlichen Sitzung des Rats in Genf. Insgesamt hätten 54 Delegierte das Wort ergriffen.
Der neue Chefposten wurde im Januar offiziell ausgeschrieben. Azevêdo – brasilianischer Botschafter in der WTO seit 2008 – hatte sich dabei gegen acht weitere Kandidaten durchgesetzt. Zuletzt stach er den Mexikaner Herminio Blanco aus.
«Nur Gutes gehört»
Jene Delegierten, die sich für Blanco ausgesprochen hatten, kommen grösstenteils aus den Industrienationen. Trotzdem wurde Azevêdo zu Beginn der Sitzung herzlich empfangen. Man habe nichts als Gutes gehört, hielt der WTO-Sprecher fest.
«Ich arbeite für diese Organisation seit 15 Jahren. Sie war schon in besserer Verfassung. Aber ich engagiere mich mit jedem Mitglied zu arbeiten, mit der festen Entschlossenheit, die herausragende Rolle der WTO wieder herzustellen», sagte Roberto Azevêdo und fügte hinzu, dass es keine Zeit zu verlieren gebe.
Lamy tritt ab
Der Brasilianer ersetzt den Franzosen Pascal Lamy als Generaldirektor der WTO. Azevêdo wurde von den Industriestaaten nicht gewählt, weil er gegen US-Subventionen für Baumwolle, EU-Subventionen für Zucker und Sonderaufschläge für brasilianischen Orangensaft kämpfte.
Immer wieder kam der Vorwurf, sein Land setze zum Schutz der eigenen Wirtschaft zu sehr auf Protektionismus. Als WTO-Generaldirektor wolle er indes «unparteiisch» sein, versicherte Azevêdo.
Doha-Runde wiederbeleben
Aller Voraussicht nach wird der Brasilianer eine schwierige Amtszeit erleben. Unter anderem muss Azevêdo die auf Eis liegende Doha-Runde wiederbeleben. Diese wurde seit 2001 immer wieder verschoben, unter anderem weil sich die Mitgliedsländer über die Liberalisierung des Agrarhandels nicht einig waren.
«Wir sehen den Lähmungszustand in Genf mit grosser Sorge», hatte Azevêdo bei seiner Bewerbung um den WTO-Chefposten gesagt. Es seien ehrgeizige Ziele notwendig, um die Liberalisierung des Handels voranzutreiben. Diese will er nun festlegen und umsetzen.