Das Parlament will die Stiefkindadoption für Homosexuelle zulassen, die Gegner wollen aber das Referendum ergreifen. Sie fürchten, diese Änderung öffne Tür und Tore für weitere Schritte, etwa dass als Nächstes auch die Leihmutterschaft erlaubt werde.
Homosexuelle sollen Kinder ihres Partners oder ihrer Partnerin adoptieren dürfen. National- und Ständerat haben sich bei der Modernisierung des Adoptionsrechts in allen Punkten geeinigt. Das letzte Wort könnte allerdings das Stimmvolk haben.
Ein Komitee mit Vertretern aus SVP, CVP und EDU hat angekündigt, das Referendum zu ergreifen, sollten die Räte das Gesetz gutheissen. Mit der Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare werde die «Büchse der Pandora» geöffnet, argumentieren die Gegner.
Das Geschäft ist nun bereit für die Schlussabstimmung am Ende der Session: Der Ständerat hat sich am Dienstag bei den noch verbliebenen Differenzen stillschweigend dem Nationalrat angeschlossen.
Unabhängig vom Zivilstand
Heute ist die Stiefkindadoption Ehepaaren vorbehalten. Künftig soll sie in allen Paarbeziehungen möglich sein, unabhängig vom Zivilstand und von der sexuellen Orientierung.
Die Gesetzesrevision soll der Tatsache Rechnung tragen, dass immer mehr Kinder bei unverheirateten Paaren aufwachsen. Die Adoption fremder Kinder wird gleichgeschlechtlichen Paaren weiterhin nicht erlaubt sein. Einzelpersonen dagegen dürfen – wie bereits heute – ein Kind adoptieren.
Nicht die Kinder bestrafen
Im Parlament betonten die Befürworterinnen und Befürworter, es gehe um das Wohl der Kinder. Ein Nein verhindere nicht, dass Kinder bei gleichgeschlechtlichen Paaren aufwüchsen. Das geschehe ohnehin.
Zur Debatte stehe einzig, ob diese Kinder – beispielsweise im Fall des Todes der leiblichen Mutter oder des leiblichen Vaters – rechtlich abgesichert seien. Ihnen die Absicherung zu verweigern, weil der leibliche Vater oder die leibliche Mutter nicht geheiratet habe, sei nicht im Sinne des Kindeswohls.
Gegner befürchten weitere Öffnung
Die Gegnerinnen und Gegner sprachen von Salamitaktik. Bei Einführung der registrierten Partnerschaft sei zugesichert worden, dass gleichgeschlechtlichen Paaren die Adoption nicht erlaubt werde. Werde die Stiefkindadoption zugelassen, könnte in einem nächsten Schritt die Adoption fremder Kinder oder die Leihmutterschaft erlaubt werden.
Manche wiesen darauf hin, dass Kinder immer noch einen biologischen Vater und eine biologische Mutter hätten, wenn sie zur Welt kämen. Zwar wirke sich das Aufwachsen bei einem gleichgeschlechtlichen Paar laut Studien nicht negativ auf Kinder aus. Die Auswirkungen dürften dennoch nicht unterschätzt werden.
Auftrag des Parlaments
Dass Homosexuelle Stiefkinder adoptieren dürfen, hatte das Parlament gefordert. Es handelt sich jedoch nur um ein Element der Gesetzesrevision. Die Adoptionsvoraussetzungen sollen auch in anderer Hinsicht gelockert werden.
Mit dem neuen Gesetz würde das Mindestalter für die Adoption von 35 auf 28 Jahre gesenkt. Ferner wäre die Dauer der Ehe nicht mehr ausschlaggebend: Das Paar müsste mindestens drei Jahre lang einen gemeinsamen Haushalt geführt haben, um ein Kind adoptieren zu können.
Auskunft über Geschwister
Änderungen gäbe es zudem bei den Auskunftsrechten. Adoptierte Kinder würden nicht nur über ihre leiblichen Eltern Auskunft erhalten, sondern auch über ihre leiblichen Geschwister. Einen absoluten Anspruch auf die Bekanntgabe der Personalien der leiblichen Eltern hätte das Kind wie bisher erst dann, wenn es volljährig ist.
Mit dem neuen Gesetz würde es darüber hinaus auch Auskunft über leibliche Geschwister und Halbgeschwister erhalten, wenn diese volljährig sind und der Bekanntgabe zugestimmt haben.
Das Parlament hat ausserdem eine gesetzliche Grundlage für Suchdienste geschaffen: Die kantonale Stelle, die für die Auskunft über leibliche Eltern und Kinder zuständig ist, soll einen spezialisierten Suchdienst beauftragen können.