Neues Gutachten hält Breivik für zurechnungsfähig

Knapp eine Woche vor dem Prozessauftakt halten Psychiater den norwegischen Attentäter Anders Behring Breivik in einem neuen Gutachten für schuldfähig. Das erste Gutachten war zum gegenteiligen Schluss gekommen. Dem Prozess verleiht das zusätzliche Brisanz.

Laut Gutachten geistig gesund: Anders Behring Breivik (Archiv) (Bild: sda)

Knapp eine Woche vor dem Prozessauftakt halten Psychiater den norwegischen Attentäter Anders Behring Breivik in einem neuen Gutachten für schuldfähig. Das erste Gutachten war zum gegenteiligen Schluss gekommen. Dem Prozess verleiht das zusätzliche Brisanz.

Wird der geständige 33-Jährige für schuldfähig erklärt, könnte er im Falle einer Verurteilung für den Mord an 77 Menschen ins Gefängnis kommen. Bei Unzurechnungsfähigkeit würde er dagegen vermutlich in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden. Die Entscheidung obliegt dem Gericht.

Die zwei Mediziner kommen in ihrem am Dienstag bei Gericht eingereichten Untersuchungsbericht zu dem Schluss, dass der rechtsradikale Islamhasser nicht unter einer Psychose litt, als er die Anschläge verübte. „Es besteht ausserdem ein grosses Risiko, dass er ein solches Gewaltverbrechen wiederholt“, heisst es.

Für das neue Gutachten war Breivik wochenlang rund um die Uhr im Gefängnis von einem Expertenteam überwacht und befragt worden. „Unsere Beobachtungen haben unsere Schlussfolgerungen gestärkt“, sagte Psychiater Agnar Aspaas.

Begründung erst vor Gericht

Der vollständige Bericht ist vertraulich. Die Psychiater lehnten es ab zu erklären, warum sie zu einem anderen Ergebnis gekommen sind als ihre Kollegen im ersten Gutachten. Sie würden ihre Begründung abgeben, wenn sie ihre Aussage vor Gericht machten, erklärten sie.

Den Richtern liegt aber auch das erste Gutachten von November 2011 vor, das Breivik als paranoid-schizophren und daher als unzurechnungsfähig einstuft. Das Ergebnis war in der Öffentlichkeit heftig kritisiert und auch von Experten angezweifelt worden. Deshalb wurde eine zweite Beurteilung angeordnet.

Breivik hatte am 22. Juli 2011 zunächst eine Bombe im Osloer Regierungsviertel gezündet und acht Menschen getötet. Dann hatte er 69 Teilnehmer eines Ferienlagers der regierenden Sozialdemokraten auf der Insel Utøya erschossen – hauptsächlich Teenager. Er gestand die Taten, bezeichnet sich aber als unschuldig.

Im Sinne des Angeklagten

Breivik zeigte sich nach Angaben seines Anwalts vom Dienstag „zufrieden“ mit dem neuen Gutachten über seinen Geisteszustand. Breivik hatte stets bestritten, geistesgestört zu sein. Kürzlich hatte er zudem erklärt, in einer geschlossenen Anstalt zu sein, sei „schlimmer als der Tod“.

Nach seiner Festnahme gab Breivik an, einen Krieg gegen die Islamisierung Europas zu führen. Er habe die sozialdemokratische Regierung für die seiner Meinung nach laxe Einwanderungspolitik bestrafen wollen.

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