Neues System für Direktzahlungen findet Mehrheit im Nationalrat

Die Reform des Direktzahlungssystems in der Landwirtschaft hat im Nationalrat im Grundsatz eine Mehrheit gefunden. Die grosse Kammer brachte geringfügige Änderungen am bundesrätlichen Vorschlag an. Auch die umstrittenen Landschaftsqualitätsbeiträge hiess sie gut.

Direktzahlungen für "Blumenkistli"? Bauernhaus in Davos (Archiv) (Bild: sda)

Die Reform des Direktzahlungssystems in der Landwirtschaft hat im Nationalrat im Grundsatz eine Mehrheit gefunden. Die grosse Kammer brachte geringfügige Änderungen am bundesrätlichen Vorschlag an. Auch die umstrittenen Landschaftsqualitätsbeiträge hiess sie gut.

Gegen die Landschaftsqualitätsbeiträge machte vor allem der Bauernverband mobil, der den fehlenden Bezug zur Produktion kritisierte und einen administrativen Mehraufwand befürchtete. Mit 210 Millionen Franken in vier Jahren sind für die Landschaftsqualitätsbeiträge am wenigsten Mittel vorgesehen.

Die Beiträge würden beispielsweise für Kastanienbäume und Blumenkistchen ausgerichtet und dienten damit nur dem Optischen, sagte Andreas Aebi (SVP/BE). „Wer sagt dann, was schön ist und was nicht?“ Auf solche Beiträge könne man verzichten.

Es gehe aber auch um traditionelle Landschaften, welche Bauern schon seit Jahrhunderten pflegten, stellte Beat Jans (SP/BS) fest. Für diese Pflege erhielten die Landwirte nun Geld. Der Nationalrat hielt mit 98 zu 85 Stimmen bei zwei Enthaltungen an den Landschaftsqualitätsbeiträgen fest.

Das neue Direktzahlungssystem ist das Kernstück der Agrarpolitik 2014-2017. Der Bundesrat will mit sieben Beitragsarten die Verfassungsziele für die Landwirtschaft gezielter fördern. Mit seinen Entscheiden rüttelte der Nationalrat nicht an diesem Prinzip. Allerdings kam der Rat noch nicht dazu, die Details der einzelnen Beiträge zu beraten.

Direktzahlungen auch für Bauland

Lediglich an Details zu den Direktzahlungen brachte der Nationalrat Änderungen an: So sollen Bauern auch Direktzahlungen für Land erhalten, das in der Bauzone liegt. Dies entschied der Nationalrat gegen den Widerstand des Bundesrats mit 123 zu 58 Stimmen.

Von einer nachhaltigen Nutzung könne nicht gesprochen werden, wenn Bauland eingezont worden sei, sagte Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann. Zahlungen für Bauland kosteten laut dem Bundesrat rund 45 Millionen Franken, die anderswo eingespart werden müssten. Die SP und die Grünliberalen unterstützten den Bundesratsvorschlag.

Keine Chance hatten im Nationalrat Grenzwerte, ab denen die Beiträge an Betriebe gekürzt würden. Das links-grüne Lager wollte solche Grenzwerte für das Einkommen und Vermögen von Landwirten sowie für die Betriebsgrösse wiedereinführen.

Das stoppe die Umverteilung von kleinen zu grossen Betrieben, sagte Louis Schelbert (Grüne/LU). Jeder Hektar habe den gleichen Wert, sagte Christophe Darbellay (CVP/VS) im Namen der Kommission. Diese wollte die Grenzwerte streichen.

Zudem entschied der Nationalrat, dass eine landwirtschaftliche Ausbildung notwendig ist, damit ein Bauer Direktzahlungen beziehen kann. Dies entspricht der heutigen Regelung.

Keine zwingende Unterstützung für Milchbauern

Hingegen verzichtet der Nationalrat darauf, mehr Interventionsmöglichkeiten zu Gunsten der Milchbauern vorzusehen. Der Bundesrat soll nicht eingreifen müssen, wenn Selbsthilfemassnahmen der Branche – etwa zur Abschöpfung des Milchsees – nicht greifen.

Konkret wollten die Bauernvertreter den Bundesrat etwa dazu verpflichten, Finanzierungsmassnahmen einer breit abgestützten Branchenorganisation für alle Produzenten zwingend zu erklären. Dazu könnten Beiträge zur Eindämmung der Milchschwemme gehören. Der Bundesrat schlug eine „kann“-Formulierung vor. Diese hiess der Nationalrat am Mittwoch mit 94 zu 84 Stimmen gut.

Der Nationalrat schloss sich mit seinem Entscheid dem Grundsatz des Bundesrates an, wonach die Branchenorganisationen – relevant ist dies für allem bei der Milchwirtschaft – sich nach dem Markt ausrichten sollen. Nur ergänzend soll der Bundesrat eingreifen.

„Strukturelle Probleme müssen in der Branche gelöst werden“, sagte Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann. Er wehrte sich gegen den Ruf nach dem Staat: „Wenn jede Selbsthilfemassnahme allgemeinverbindlich wird, ist es staatliche Intervention.“

Keine Überprüfung der Auswirkungen

Mit einer strikten Verpflichtung hätte der Bundesrat nicht einmal mehr die Auswirkungen solcher Hilfen prüfen können, sagten Jean-René Germanier (FDP/VS) und andere. Die Preisfestsetzung sei Sache der Käufer und Verkäufer, nur bei einer Blockade solle der Bundesrat eingreifen. Die Vorschläge der Milchproduzenten führten zu einer Art Kartell im Milchmarkt.

Die Gegner der ausgedehnten Regelung – alle ausser die SVP und Teile der CVP und BDP – kritisierten, dass die Landwirtschaft gleichzeitig zur Bekämpfung der Überproduktion noch die Zahlungen an die Landwirtschaft erhöhen wolle. Das sei nicht kohärent, sagte etwa Kathrin Bertschy (GLP/BE).

Günstigere Regeln für die Milchwirtschaft hiess der Nationalrat dagegen bei den Milchverträgen gut. Das Gesetz soll engere Schranken für die Verträge vorsehen, entschied die grosse Kammer mit 100 zu 76 Stimmen. Verträge sollen mindestens für ein Jahr gelten und dürfen während dieser Zeit nicht abgeändert werden. Damit erzielten die Milchbauern einen Teilerfolg.

Rückzug der Milchwirtschaft befürchtet

Der Direktor der Schweizer Milchproduzenten (SMP), Albert Rösti (SVP/BE), plädierte mit Verweis auf die prekäre Lage kleiner Milchbauern für Massnahmen zu deren Gunsten. Die Kleinbauern seien bei den heutigen Preisen kaum mehr überlebensfähig.

„Lösungen im Milchmarkt sind dringend“, sagte auch Markus Ritter (CVP/SG). Die Milchwirtschaft, die ein Drittel zur Wertschöpfung der Landwirtschaft beitrage, könnte sich aus weiten Teilen des Landes zurückziehen. Die geforderten Regeln kosteten nicht einmal etwas.

Fixe Verkäsungszulage

Zudem schrieb der Nationalrat die heute geltende Verkäsungszulagen fest ins Gesetz. Sie betragen 15 Rappen sowie 3 Rappen für Milch, die ohne Silagefutter produziert wird. Eine starke Minderheit hielt vergeblich fest, dass diese Zahlen nicht ins Gesetz gehörten. Sie seien bereits im Budget vorgesehen.

Eine Abfuhr erhielt der Versuch der Landwirtschaft, die Einfuhrzölle über ein strengeres Kriterium anzuheben. Mit den Zöllen solle eine grösstmögliche Versorgung mit einheimischen landwirtschaftlichen Produkten sichergestellt werden, forderte Markus Hausammann (SVP/TG).

Futtergetreide soll damit vermehrt wieder in der Schweiz angebaut werden. Die Befürworter wehrten sich auch gegen die geplante Senkung des Schutzes für Brotgetreide. Der Nationalrat lehnte dies mit 101 zu 77 Stimmen ab.

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