Neulich auf dem Dreispitz-Campus: Robot, Crotok, Kuka und 7Bot

Irgendwo zwischen zu früh und zu spät fand sie statt: die erste Konferenz für angewandte Robotik in Kunst und Design. Das Novum in der Schweizer Bildungslandschaft zog Redner, akademische Vertreter und Industrielle aus ganz Europa an.

Der Kleinroboter 7bot sowie sein industrieller Cousin Kuka am Hyperwerk Institut für postindustrielles Design an der HGK.

(Bild: Daniel Nikles)

Irgendwo zwischen zu früh und zu spät fand sie vergangenes Wochenende statt: die erste Konferenz für angewandte Robotik in Kunst und Design. Das Novum in der Schweizer Bildungslandschaft lockte Redner, akademische Vertreter und Industrielle aus ganz Europa zum Dreispitz Campus.

Kraftvoll, doch emotionslos mutet der 235 Kilogramm schwere Kuka-Roboter an. Bereits dieser erste Eindruck des Industriewerkzeugs steht symptomatisch für die Vermenschlichung von Robotern, wie wir sie uns in ihrer Beschreibung angewöhnt haben.

Wer die Mechanik des menschlichen Körpers als gelenkige, fraktale Angliederung von einzelnen Teilen versteht, sieht unweigerlich die menschlichen Parallelen und Nutzens des Kukas, dessen sieben Gelenke eine überlegene Palette an Windungen und Bewegungen erlauben – in einer Geschwindigkeit, die zum Verhängnis vieler Industriearbeiter wurde.

Rund um den stählernen Handwerker Kuka sowie seinen kleinen Cousin 7Bot drehte sich die erste Konferenz für angewandte Robotik in Kunst und Design des FHNW-Instituts Hyperwerk in Zusammenarbeit mit dem Haus für elektronische Künste Basel auf dem Campus Dreispitz.

Dabei wurde Industriellen, Akademiern und Kreativen aus Deutschland, Österreich, Frankreich, der Schweiz und Italien Gelegenheit gegeben, über das Anwendungsfeld Robotik zu referieren, zu diskutieren sowie den praktischen Umgang mit den beiden Robotern von Hyperwerk selbst zu üben.



Keynote-Speaker Johannes Braumann erzählt bei seinem Vortrag über neue Anwendungsfelder von Industrierobotern, hier am Beispiel von printadrink.at

Keynote-Speaker Johannes Braumann erzählt bei seinem Vortrag über neue Anwendungsfelder von Industrierobotern, hier am Beispiel von printadrink.at (Bild: Silvan Rechsteiner)

Roboter sind keine Neuankömmlinge in der Kunst. Bereits 1964 erschuf der südkoreanische Avantgardist Nam June Paik mit Robot K-456 den ersten nicht menschlichen – aber dennoch anthropomorphischen – Interaktionskünstler. Industrieroboter finden sich in neueren Kunstprojekten wie Optimization of Parenthood oder auch in Huang Yis «A Duet of Human and Robot».

Was sich jedoch laufend verändert, sind die Verfügbarkeit und Preisklasse von Industrierobotern. So können auf Plattformen wie etwa globalrobots.com die mechanischen Überbleibsel aus aufgelassenen Fabrikhallen immer günstiger ersteigert werden. Mit dem wachsenden Gebrauchtmarkt finden sich die Roboter auch immer häufiger in Ateliers und Design-Schulen.

Crotok – ein digitaler Werkzeugkasten

«Die Herausforderung und das Schöne an Robotern ist, dass sie ein offenes System für verschiedenste Werkzeuge sind», erzählt der Keynote-Speaker und Gründer der Association for Robots in Architecture Johannes Braumann. Ob 3D-Drucker, Hammer oder Bratpfanne – es lässt sich fast jeder erdenkliche, modifizierte Arbeitsgegenstand an einen Kuka anschliessen.

Die Roboter selber sind in diversen Skalierungen verfügbar, egal, ob sie auf dem Schreibtisch oder auf Schienen in einer grossen Industriehalle betrieben werden. In einem weitgehend unberührten Arbeitsfeld ist das Potenzial zur Entwicklung derartiger Werkzeuge noch gross.

«Lasst uns einen Verband gründen!», rief deshalb Mischa Schaub, der Institutsleiter des Hyperwerks, bereits nach dem ersten Konferenztag aus. Am folgenden Morgen stehen Name und Zweck des Vereins bereits fest: Crotok, das Creative Robotic Toolkit ist geplant als Online-Verzeichnis für das Design von Robotik-Werkzeugen, die jederzeit mit 3D-Druckern repliziert werden können. Von der Crotok-Community sollen die Werkzeuge dabei nach dem Vorbild des «global village construction set» selbst entwickelt und verbessert werden.

Zur Zeit des Kongresses besitzt das Hyperwerk seine Roboter seit 120 Tagen. Ob die Konferenz da verfrüht oder zu spät stattfindet, ist eine Frage, die Schaub für wenig nützlich hält. In der anschliessenden Podiumsdiskussion appelliert er gleich an die schweizerische Bildungslandschaft:

«Ich bin überzeugt, dass es solche Plattformen geben muss, weil sich viele Studierende in den nächsten zehn Jahren mit dieser Technologie auseinandersetzen werden. Deshalb haben die verschiedenen Design-Schulen die Pflicht, ihnen zu helfen. Deshalb sollten wir unser kreatives Potenzial nutzen, um gemeinsame Werkezeuge zu entwickeln, damit nicht jeder Erfinder und Designer von Null beginnen muss.»

Spontane Interviews

Es herrscht Euphorie an diesem Robotik-Kongress – und es passiert so viel, dass die Konferenz-Organisatoren fast überfordert sind und spontan fragen, ob ich das eine oder andere Video-Interview zum Thema für ihr Archiv führen könne. Mach ich doch glatt! Hier als Beispiel Andres Wanner, Leiter des neuen Studiengangs Digital Ideation an der Hochschule Luzern. Was das ist, erklärt er gleich selbst:

Neben den Chancen wurden an der Konferenz auch die Grenzen der Robotik in Kunst und Design debattiert. Die grösste Hürde offenbarte sich vielen beim Hands-On-Day: Das Programmieren der einzelnen Funktionen braucht Zeit. Die Industrie kann getrost zwei Jahre mit der Kodierung einer Funktion verbringen, wenn sie für die nächsten zehn Jahre immer wieder für dasselbe Produkt verwendet wird.

Die meisten Künstler tendieren jedoch zu einem etwas häufiger ändernden Output. Tom Pavlosky, Inhaber der Zürcher Craftwise GmbH, sieht hier auch Gefahren. Zwingend gelte es, bald den richtigen Umgang zu finden, denn: «In ein paar Jahren wird es viele Studierende geben, die Roboter benutzen wollen.» Wo also anfangen? Pavlosky hat selbst den ersten Schritt gemacht: «Ich habe mir selbst einen zugelegt, dann kann ich die Studierenden darin unterrichten.»

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