Der heute 47-jährige Berner Oberländer, der sich im Internet als Mädchen ausgab und sich an Buben heranmachte, soll eine Freiheitsstrafe von neun Jahren erhalten. Zudem sei eine stationäre therapeutische Massnahme anzuordnen.
Das forderte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag vor dem Regionalgericht Oberland in Thun. Das würde bedeuten, dass der Beschuldigte in Therapie bleibt, solange er als therapierbar gilt.
Der Mann sei der sexuellen Handlung mit Kindern, der Nötigung, der Erpressung und der Pornografie schuldig zu sprechen, sagte Staatsanwältin Carol Bützer. Positiv zu berücksichtigen sei, dass der Beschuldigte geständig sei.
Wegen der grossen Zahl an Opfern sei dieser Fall aussergewöhnlich, sagte die Staatsanwältin. Allerdings seien nur wenige als Privatkläger aufgetreten; die meisten Betroffenen hätten die Angelegenheit lieber totgeschwiegen. Die Staatsanwaltschaft nennt in ihrer Anklage über 40 Betroffene, die meisten Jugendliche im Alter von ungefähr 14 bis 18 Jahren.
Psycho-Terror gegen Jugendliche
Der Beschuldigte hatte sich im Internet, vorab auf Plattformen wie Facebook, als «Anita» ausgegeben. Er kontaktierte zahlreiche männliche Jugendliche, die gemäss ihren Angaben lange keinen Verdacht schöpften und glaubten, im Kontakt mit einem jungem Mädchen zu sein.
Der vermeintlichen «Anita» gelang es, zahlreiche Jugendliche zu überreden, ihr Nacktbilder und -filme von sich zu schicken. Mit diesem Bildmaterial erpresste der hinter dem Pseudonym «Anita» steckende Angeklagte seine Opfer und nötigte sie zu sexuellen Handlungen mit ihm.
Zum Beispiel verlangte «Anita» von den Buben, dass diese sich mit ihrem «Onkel» zu sexuellen Handlungen treffen. Dann würde der «Onkel» ihr nämlich einen Roller finanzieren. Sollten sich das Opfer weigern, drohte «Anita» mit der Veröffentlichung der Nacktbilder. Die Staatsanwältin sprach von Psycho-Terror, den die Opfer über sich ergehen lassen mussten.
Therapie weiterführen
Auch der Verteidiger des Beschuldigten bezeichnete das Vorgehen seines Mandanten als perfid. Er forderte jedoch eine Freiheitsstrafe von lediglich fünf Jahren und ebenfalls eine stationäre therapeutische Massnahme.
Dem Beschuldigten müsse man zugute halten, dass er sich seinen Taten stellen und die Verantwortung übernehmen wolle, sagte der Verteidiger. Sein Mandant habe sich entschieden, reinen Tisch zu machen und zeige Reue. Er müsse nun den eingeschlagenen Weg der Therapie weiterführen.
Der Beschuldigte selbst sagte nach den Plädoyers, dass ihm alles enorm leid tue. Er habe mit seinem Vorgehen viel kaputt gemacht, sagte der Mann unter Tränen. Heute befindet er sich im vorzeitigen Massnahmenvollzug in der Strafanstalt Thorberg und ist dort in Therapie.