Bei Zusammenstössen zwischen Anhängern und Gegnern des gestürzten ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi in Kairo sind nach amtlichen Angaben am Dienstag neun Menschen getötet worden. Mindestens 33 weitere seien verletzt worden.
Die Polizei habe Tränengas eingesetzt, um die Gewalt zu unterdrücken, berichtete die staatliche Zeitung «Al-Ahram» auf ihrer Internetseite unter Berufung auf das Gesundheitsministerium.
Vor den Krawallen hatte die Familie Mursis angekündigt, gegen Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi rechtliche Schritte wegen der Absetzung des gewählten Staatsoberhauptes und dessen Inhaftierung einzuleiten. Die USA forderten Ägypten auf, Mursi und alle politischen Gefangenen freizulassen.
Hunderte Anhänger Mursis hätten in der Nähe der Kairoer Universität demonstriert, als es zu Zusammenstössen mit Anwohnern, Strassenverkäufern und anderen Personen gekommen sei, hiess es in Polizeikreisen. Dabei seien Gewehrschüsse abgegeben und Steine geworfen worden. Mindestens 15 Autos wurden demoliert und angezündet.
Die Muslimbrüder erklärten, sie würden ihr Protestcamp beibehalten, bis Mursi wieder frei sei. Seit dem Sturz Mursis sind etwa 100 Menschen Opfer von Gewalttätigkeiten geworden.
Besserer Schutz für Minderheiten gefordert
Mehrere Menschenrechtsorganisationen forderten einen besseren staatlichen Schutz für die Minderheit der koptischen Christen. Sie verwiesen auf den Tod von vier Christen, die zwei Tage nach der Militäraktion gegen Mursi von einem Mob in Luxor erschlagen wurden.
Die Polizei habe dem Wüten der Menge, die ausserdem 24 Einrichtungen von Christen zerstört habe, tatenlos zugeschaut, kritisierten Amnesty International und Human Rights Watch. Mindestens 18 Männer seien im Zusammenhang mit dem Angriff verhaftet worden. Die koptischen Christen stellen etwa ein Zehntel der 84 Millionen Ägypter.
«Kein Recht auf Festnahme Mursis»
Der Islamist Mursi, der erste frei gewählte Präsident des bevölkerungsreichsten arabischen Landes, war am 3. Juli vom Militär nach anhaltenden Massenprotesten gestürzt worden und befindet sich seitdem an einem unbekannten Ort in Haft.
Mursis Sohn Osama kündigte an, die Familie werde deswegen rechtliche Schritte gegen die Militärführung vor heimischen und internationalen Gerichten einleiten. Es gebe keine juristische Grundlage für die Festsetzung seines Vaters.
Unterstützung für die Forderung nach Freilassung seines Vaters erhielt er aus den USA. Präsidialamtssprecher Jay Carney sagte, Ägypten solle alle aus politischen Gründen Festgenommenen freilassen, auch Mursi.
Die anhaltende Gewalt verstärkt den Druck auf den ägyptischen Übergangspräsidenten Adli Mansur. In einer Fernseh-Ansprache rief er am Montagabend zur nationalen Versöhnung auf. Es müsse «ohne Groll, Hass oder Konfrontation» eine neue Seite in der Geschichte Ägyptens aufgeschlagen werden, forderte er.