Die erfolgreiche Achtelfinal-Qualifikation Brasiliens ist eng mit dem Namen Neymar verbunden. Neymar ist der zwischenzeitliche Torschützen-Leader und der Reisse in seiner Mannschaft.
Einer der Superstars des WM-Turniers ist bislang nichts schuldig geblieben: Mit vier Treffern hat Neymar zumindest vorübergehend die Führung in der Torschützenliste übernommen. Aber auch Neymars Spiel als solches beeindruckt.
Zum Gaudi trug Neymar eine schwarzrandige Brille, die jedoch eben so wenig als Tarnung taugte wie seine Baseballkappe. Nur mit Mühe konnte sich Brasiliens neuer Superstar an den Reportern und Mikrofonen vorbei zum Mannschaftsbus schieben. Das ganze Land des WM-Gastgebers feiert den 22-jährigen Wunderknaben nach dem 4:1 (2:1)-Sieg der Seleçao gegen Kamerun. «Wenn Neymar es auf dem Platz regnen lässt, wundert sich keiner», sagte sein Teamkollege David Luiz in den Katakomben des Estádio Nacional von Brasília. Im Achtelfinal am Samstag in Belo Horizonte werden die Chilenen Neymar auf die Zauberfüsse treten wollen.
Lionel Messi, hiess es, sei der einzige Fussballer der Welt, der spielen könne wie seine Figur aus der Play Station. «Neymar ist geboren, um Fussball zu spielen. Er denkt nicht darüber nach, wo er ist. Er will nur glücklich sein auf dem Platz und es geniessen», sagte Brasiliens Aussenverteidiger Dani Alves, Klubkollege von Messi und Neymar beim FC Barcelona.
Neymar wirbelt bei dieser WM so lässig und leichtfüssig über den Rasen, als kicke er für einen Werbespot. Als sei die Bühne des Weltfussballs für ihn geschaffen. Halb Brasilien sieht ihn schon seit Monaten als den grossen Protagonisten des Turniers; ganz Brasilien hofft, dass Neymar da Silva Santos Júnior den WM-Gastgeber zum sechsten Titel schiesst.
Spürt Neymar denn nicht einen riesigen Druck? «Da ist kein Druck, wenn du einen Traum wahr machen kannst. Heute spiele ich die Spiele, von denen ich geträumt habe», sagte Neymar nach seinen zwei Toren (17./35. Minute) gegen Kaamerun und den vielen wunderbaren Szenen vor 69’112 Zuschauern.
WM-Favorit Brasilien bekam nach dem zwischenzeitlichen 1:1 durch Joel Matip kurz das Flattern, bevor Neymar das umjubelte 2:1 gelang und danach auch noch Fred und Joker Fernandinho trafen. «Wir waren ein bisschen nervös. Wir haben es immer zu eilig, etwas zu zeigen», sagte Trainer Luiz Felipe Scolari. Am Ende feierte seine Mannschaft das 4:1 und den Gruppensieg als Befreiung.
«Ich mache nicht nur Tore, sondern alles, was dazu gehört», sagte Neymar. «Ich glaube, das Wichtigste ist, dass die ganze Mannschaft heute ihr bestes Spiel gemacht hat. Nicht nur das Resultat war gut, auch die Art und Weise.» Wenige Stunden später postete der Jungstar, der den FC Barcelona im vergangenen Jahr insgesamt fast 100 Millionen Euro gekostet hat, auf Facebook ein Foto seines Torjubels mit den Worten: «Obrigado Senhor!! Thank You Lord!!» – «Danke, Gott!»
Die Chilenen wissen längst, was auf da auf sie zustürmt. Vor dem Rest der brasilianischen Offenive braucht der südamerikanische Rivale allerdings nicht zu zittern. Kraftpaket Hulk blieb ebenso blass wie Chelseas Oscar. Der zuletzt so hart kritisierte Confed-Cup-Torschützenkönig Fred brach wenigstens mit seinem ersten WM-Tor den Bann.
Ist Brasilien völlig von Neymar abhängig? «So, wie Argentinien von Messi abhängt, aber das ist okay», sagte Scolari. «High Level Player» wie Messi und Neymar würden eben den Unterschied ausmachen. Wie schon in all seinen Confed-Cup- und WM-Spielen zuvor schleppte Neymar am Ende wieder die Trophäe für den «Man of the Match» in den Bus. Er tat dies so lässig, als habe er ein Skateboard in der Hand, und schlenderte mit offenen Schnürsenkeln davon. «Was ich mir am meisten wünsche ist, dass ich ins Maracana komme und alle meine Freunde und meine Familie sehen, wie wir Weltmeister werden.»