Vier Jahre nach ihrem Olympiasieg in London gewinnt Nicola Spirig Silber. Die Zürcher Unterländerin muss sich einzig der Amerikanerin Gwen Jorgensen geschlagen geben.
In der abschliessenden Disziplin war es das erwartete Duell zwischen den als erste Anwärterinnen auf den Olympiasieg gehandelten Nicola Spirig und Gwen Jorgensen. Die beiden setzten sich in der abschliessenden Disziplin Laufen schon nach wenigen hundert Metern vom Rest des Feldes ab und brachten die Strecke bis anderthalb Kilometer vor dem Ziel gemeinsam hinter sich. Dann sorgte die zweifache Weltmeisterin mit einer Tempoverschärfung für die Entscheidung.
Den ersten Teil, die anderthalb Kilometer Schwimmen, hatte Nicola Spirig mit zehn Sekunden hinter der Spitze beendet. Während den 40 Kilometern auf den Fahrrad versuchte sie mehrmals sich abzusetzen und sich für die abschliessende, zehn Kilometer lange Laufstrecke einen Vorsprung zu erarbeiten. Gelungen ist es ihr nicht. Gleich 18 Athletinnen kehrten fast gleichzeitig in die Wechselzone zurück, unter ihnen auch die zweite Schweizer Starterin, Jolanda Annen.
Nicola Spirig darf sich trotz der verpassten Titelverteidigung als Siegerin fühlen. Einen Wettlauf, jenen gegen die Zeit, hatte sie schon in den Monaten vor den Olympischen Spielen gewonnen. Anfang März war das Projekt «Rio 2016» akut gefährdet. Der Sturz in Abu Dhabi beim Saisonauftakt der WM-Serie und dem Mehrfachbruch der linken Hand als Folge machten die zusammen mit Trainer Brett Sutton erarbeiteten Trainingspläne zu einem grossen Teil zur Makulatur.
Nach der zwei Tage später vorgenommenen Operation, bei der die verletzte Hand mit 23 Schrauben und drei Platten fixiert wurde, war Improvisation gefragt – verbunden mit dem Glauben daran, das von verschiedener Seite als unmöglich Erachtete möglich zu machen und beim Highlight des Jahres dabei sein zu können. Nicole Spirig nahm die Herausforderung an. Die Hoffnung, als Titelverteidigerin in Rio am Start zu stehen, übertünchte die Selbstzweifel und die quälenden Gedanken an ein mögliches Scheitern. Das Wissen, für ein erfolgreiches Abschneiden alles unternommen zu haben, wirkte beruhigend.
Nicola Spirig hat allen Widerwärtigkeiten getrotzt, dank unbändigem Willen, nie erlahmendem Kampfgeist und einem Umfeld, das ihr jede mögliche Unterstützung zukommen liess. An diesem Samstag wurde die 34-Jährige aus Bachenbülach im Kanton Zürich für all die Strapazen, Bemühungen und auch die im letzten halben Jahr ertragenen Schmerzen belohnt. Aus dieser Warte glänzt Silber wie Gold.
Starkes Olympia-Debüt von Annen
Mit Rang 14 übertraf die 23-jährige Urnerin Jolanda Annen ihre eigene Zielsetzung um elf Ränge. «Vor dem Rennen hätte ich für Rang 25 sofort unterschrieben», sagte Annen. Das starke Abschneiden sei auch auf die hervorragende Arbeit ihres persönlichen Trainers Marc-Yvan de Kaenel sowie von Nationalcoach Steffen Grosse zurückzuführen: «Sie haben es fertig gebracht, mich auf diesen Tag X so gut vorzubereiten.»
Im Schwimmen habe sie einfach versucht, dranzubleiben. Tatsächlich erreichte Annen wie Nicola Spirig die erste Gruppe und konnte sich im Gegensatz zu einem mehr als halben Dutzend anderer Athletinnen in dieser bis zum Ende des zweiten Wechsels halten.
Auf der Radstrecke sei das Tempo von Spirig «brutal hart» gewesen. Im Laufen habe sie Ihre Kräfte gut eingeteilt.
Ein solches Rennen sei natürlich die beste Motivation für das Weitermachen bis Tokio 2020. Dort möchte Annen einen Olympia-Diplomrang ins Visier nehmen.