«Glück ist eine Frage der Sicherheit»: Mit diesem Slogan kämpfen die Befürworter für ein Ja zum neuen Nachrichtendienstgesetz. Am Dienstag haben sie ihre Argumente präsentiert. Ein Überwachungsstaat droht in ihren Augen nicht.
Das Stimmvolk entscheidet am 25. September, ob der Nachrichtendienst mehr Kompetenzen zur Überwachung erhält. Mit dem neuen Gesetz dürfte er Telefongespräche abhören, Privaträume verwanzen und in Computer eindringen. Das Gesetz entstand vor den Anschlägen in Frankreich, Deutschland und Belgien. Aus Sicht der Befürworter zeigen diese aber, dass es dringend nötig ist.
Das Sicherheitsgefühl der Schweizer Bevölkerung habe sich verringert, hält das Pro-Komitee fest. Das sei in Anbetracht der Terroranschläge in in Europa wenig erstaunlich. Sicherheit sei ein wichtiger Faktor für ein freies und glückliches Leben. Sie dürfe nicht dem Zufall überlassen werden.
Umfragen zeigten, dass viele für mehr Sicherheit auf ein Stück Freiheit verzichten würden, sagte FDP-Nationalrätin Corina Eichenberger (AG). Die Bedrohungen könnten mit dem neuen Gesetz nicht komplett ausgeschaltet werden, doch stelle man damit dem Nachrichtendienst optimale Mittel zur Verfügung, um den Bedrohungen begegnen zu können. «Wir wollen keinen blinden und tauben Nachrichtendienst», sagte Eichenberger.
Veraltetes Gesetz
Aus Sicht der Befürworter ist der Nachrichtendienst heute blind und taub, weil er Personen nur im öffentlichen Raum beobachten darf. Das geltende Gesetz sei überholt, sagte CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann (LU). Es wäre eine gute Grundlage in einer Welt ohne Telefon, Handys und Computer.
Die schrecklichen Anschläge der vergangenen Wochen und Monate hätten gezeigt, dass die Täter vor nichts zurückschreckten. Darum müsse man sich auch bewusst sein, dass mit einem neuen Gesetz nicht alle Taten verhindert werden könnten. Verdächtige könnten aber überwacht werden – etwa Rückkehrer, die für die Terrormiliz IS im Krieg gewesen seien.
Keine Massenüberwachung
SVP-Ständerat Alex Kuprecht (SZ) stellte fest, die Schweiz sei seit der Fichen-Affäre ein gebranntes Kind, was die Überwachung der Bürgerinnen und Bürger betreffe. Das Nachrichtendienstgesetz setze aber vernünftige Grenzen, es enthalte Kontrollmechanismen.
Das Bewilligungsverfahren stellt aus Sicht der Befürworter sicher, dass nicht willkürlich Leute überwacht werden. Der Bund geht davon aus, dass jährlich rund zehn Personen mit den neuen Mitteln überwacht würden. Die Befürworter räumen ein, dass es auch mehr sein könnten. Massenüberwachung drohe aber nicht, das könne «praktisch ausgeschlossen» werden.
Keine Überreaktion
Panik und Überreaktion gelte es zu vermeiden, hält das Pro-Komitee fest. «Wir dürfen nicht übers Ziel hinausschiessen, auch wenn jeden Tag neue Horrornachrichten eintreffen», sagte BDP-Nationalrätin Rosmarie Quadranti (ZH). «Niemand will aus der Schweiz einen Überwachungsstaat machen.» Sie möchte aber nicht den Kopf hinhalten, falls etwas passieren sollte, das hätte verhindert werden können.
Die Befürworterinnen und Befürworter warnen auch davor, dass andere Nachrichtendienste in der Schweiz aktiv würden, wenn der Schweizer Dienst nicht mehr Kompetenzen erhalte. Und das geschehe ohne Kontrolle.
Spionage und Cyberwar
Ein eigener aktiver und handlungsfähiger Nachrichtendienst sei unerlässlich, um nicht von den Informationen fremder Nachrichtendienste abhängig zu sein und um verbotene Aktivitäten solcher Dienste zu verhindern, sagte GLP-Nationalrat Beat Flach (AG). Auch gegen Cyberangriffe und Wirtschaftsspionage wirke das neue Gesetz. Solches gebe es nämlich nicht nur in Krimis und Science-Fiction.
Für das neue Gesetz machte sich auch SP-Nationalrätin Rebecca Ruiz (VD) stark. Sie betonte jedoch, dass sie nicht im Namen ihrer Partei spreche: Die SP stellt sich gemeinsam mit den Grünen gegen das Gesetz. Ruiz sagte dazu, der Schutz der Privatsphäre sei selbstverständlich wichtig. In manchen Situationen dürfe und müsse es aber Ausnahmen geben.
Für den Abstimmungskampf haben die Befürworter nach eigenen Angaben nur ein kleines Budget zur Verfügung. Das Komitee werde deshalb nur punktuell Inserate schalten, hiess es. Eine schweizweite Plakatkampagne sei nicht vorgesehen.