«Alles muss glänzen» des 29-jährigen US-amerikanischen Dramatikers Noah Haidle führt in die tiefsten 1950er Jahre und demontiert bitterböse den amerikanischen Traum. Das Stück hatte am Freitag Premiere im Zürcher Theater an der Winkelwiese.
Biederer könnte diese Küche nicht aussehen: Tisch mit Lampe, Stühle, rosarote Wände, bodenlanger Vorhang, Radio fürs Wunschkonzert auf der Konsole.
Im Backofen gart eine Flunder. Rebecca, mit gebügelter Schürze ganz Heimchen am Herd (fantastisch: Chantal Le Moign), kocht für ihre Familie, die jedoch längst zerbrochen und zersprengt ist. Sie liebt, hofft und glaubt gleichwohl voller Zuversicht, dass sich der Traum einer gemeinsamen harmonischen Zukunft doch noch erfüllt.
An diesem Glauben vermag nichts und niemand zu rütteln. Nicht ihre Nachbarin, die sich erschiesst, nicht ein Vergewaltiger, nicht eine fanatisierte christliche Heilsbringerin – und nicht ihre Tochter Rachel und ihr Sohn Michael, auch sie gescheiterte Existenzen.
Am Schluss aber bricht Rebeccas Kartenhaus zusammen. Ihr Mann, in ihrem Wunschdenken heimgekehrt, verweigert ihr den ersten Kuss von einst. Das Glück, die heile Welt, ist zur Illusion geworden. Die Kraft hat sie verlassen, «hundemüde, todmüde, lebensmüde», wie Rebecca nun ist.
«Alles muss glänzen» ist starkes klassisches Theater, das die gesellschaftlichen Hoffnungen der Nachkriegsjahre mit makabrem Witz ad absurdum führt. Regisseur Manuel Bürgin hat für seine Inszenierung ein hervorragendes fünfköpfiges Ensemble zusammengestellt. Zu erleben ist es an der Winkelwiese bis 22. Dezember und vom 8. bis 11. März 2017 im Theater Tuchlaube in Aarau.