Fast 100 Prozent Wahlbeteiligung: Das kommunistische Regime in Nordkorea hat erstmals unter der Herrschaft von Kim Jong Un eine Wahl zur Obersten Volksversammlung abgehalten.
Mit Ausnahme einiger Bürger im Ausland und Fischer hätten am Sonntag bis 18.00 Uhr (Ortszeit) alle registrierten Wähler ihre Stimme abgegeben, berichteten die Staatsmedien zum Abschluss der im Ausland als Farce beschriebenen nordkoreanischen Parlamentswahl.
Die offiziell alle fünf Jahre abgehaltene Wahl gilt als Formsache. Die Wähler können nur mit «Ja» oder «Nein» für einen Kandidaten stimmen, der vorher von der herrschenden Arbeiterpartei bestimmt wurde. Das Ergebnis – das in der Regel vorher schon praktisch feststeht – wurde zunächst noch nicht offiziell bekanntgegeben.
Bei der vorherigen Wahl 2009 hatten die Medien des Landes einen Tag nach der Stimmabgabe eine Zustimmungsrate von 100 Prozent für die 687 Abgeordnetenkandidaten vermeldet – bei einer Beteiligung von 99,98 Prozent. Eine parlamentarische Opposition gibt es in Nordkorea de facto nicht.
Das Staatsfernsehen zeigte am Wahltag Frauen in festlichen traditionellen Kleidern auf dem Weg zu den Wahllokalen und tanzende Menschen auf den Strassen von Pjöngjang. «Die Wahlbezirke sind gefüllt mit Wählern, die die revolutionäre Macht stärken und das sozialistische Heimatland weiter glorifizieren wollen», hiess es.
Festigung und Legitimierung der Macht
Kim Jong Un, der die Macht von seinem Ende 2011 gestorbenen Vater Kim Jong Il übernommen hatte, habe am Sonntag an der Kim-Il-Sung-Universität für Politik in Pjöngjang seine Stimme für einen kandidierenden Militäroffizier abgegeben, berichteten die Staatsmedien.
Nach den jüngsten politischen Säuberungen in Nordkorea diente die Wahl nach Ansicht von Beobachtern Kim Jong Un dazu, seine Macht weiter zu festigen und zugleich zu legitimieren. Auch erhofft man sich in Südkorea neue Hinweise auf Veränderungen im Machtapparat. Danach könnte Kim einige jüngere Gefolgsleute in der Volksversammlung untergebracht haben.
Der ebenfalls erst 30 oder 31 Jahre alte Kim selbst trat, wie einst sein Vater, im Wahlkreis Paektu an. Der gleichnamige Berg wird in Nordkorea als heilig verehrt. Der Legende nach wurde Vater Kim dort geboren.
Das Staatsfernsehen zeigte hunderte Soldaten vor dem dortigen Wahllokal. Von einer Wand hinter der Wahlurne blickten Vater und Sohn Kim von grossen Plakaten auf sie herab. Nach ihrer Stimmabgabe verneigten sich die Soldaten tief vor den Porträts.
Nicht-Wählen gilt als politisches Vergehen
Die Wahlen erfolgten zu einem kritischen Zeitpunkt. Südkoreas Regierung hatte nach den Säuberungen durch Kim vor einer grösseren Instabilität im Nachbarland gewarnt. Im Dezember hatte Nordkoreas Regime Kims angeheirateten Onkel Jang Song Thaek wegen angeblichen Hochverrats hinrichten lassen. Jang galt lange als graue Eminenz des Regimes.
Auch dienen Parlamentswahlen der Kontrolle der über 24 Millionen Bürger, die sich alle in Listen registrieren müssen. Das Fernbleiben kann nach Angaben von nordkoreanischen Flüchtlingen als «politisches Vergehen» angesehen und entsprechend geahndet werden.
Die Volksversammlung ist nominell das höchste Machtorgan des Staates. Sie tritt aber normalerweise nur ein- oder zweimal jährlich für wenige Tage zusammen, um Personalentscheidungen zu bestätigen und sich mit politischen Leitlinien zu befassen. Auf den Sitzungen werden weitgehend Beschlüsse der Arbeiterpartei ratifiziert.