Novartis drohen Umsatzausfälle bei Augenmittel in Frankreich

In Frankreich dürfen Ärzte künftig das Roche-Krebsmedikament Avastin zur Behandlung einer Augenkrankheit verschreiben. Das beschloss das Parlament. Das Medikament ist dafür medizinisch zwar nicht zugelassen, dafür billiger als die Alternative von Novartis.

Der Novartis-Campus in Basel (Bild: sda)

In Frankreich dürfen Ärzte künftig das Roche-Krebsmedikament Avastin zur Behandlung einer Augenkrankheit verschreiben. Das beschloss das Parlament. Das Medikament ist dafür medizinisch zwar nicht zugelassen, dafür billiger als die Alternative von Novartis.

Der Schritt soll den Sozialhaushalt Frankreichs um 200 Mio. Euro im Jahr entlasten. Der Beschluss geht in erster Linie zulasten des Pharmakonzerns Novartis, könnte indirekt aber auch Roche treffen.

Novartis vertreibt in Europa das Medikament Lucentis gegen altersbedingte Netzhautdegeneration (AMD). Eine Behandlung mit Lucentis schlägt in Frankreich mit 900 Euro zu Buche. Ärzte in den USA und in Europa verschreiben aber seit einiger Zeit gegen AMD auch Avastin. Das kostet lediglich 30 Euro pro Behandlung.

Die Pharmakonzerne und Experten sprechen sich gegen den Einsatz von Avastin bei AMD aus, solange keine ausreichenden klinischen Tests vorliegen. Unter anderem könne es zu Infektionen kommen, argumentieren sie, die Patientensicherheit dürfe nicht zugunsten von Kosteneinsparungen aufs Spiel gesetzt werden.

Es gibt aber auch eine von der US-Regierung unterstützte Studie aus dem Jahr 2011, wonach Avastin gleich wirkt wie Lucentis, wenn auch mit mehr unerwünschten Nebenwirkungen.

Viel Geld auf dem Spiel

Die Wirkstoffe von Lucentis und Avastin – Ranibizumab und Bevacizumab – wurden beide von der Roche-Biotechnologietochter Genentech in den USA entwickelt. Novartis hat die Lucentis-Vertriebsrechte ausserhalb der USA.

Für beide Konzerne geht es um viel Geld: Roche erzielte im vergangenen Jahr mit Lucentis in den USA umgerechnet 1,4 Mrd. Euro Umsatz, bei Novartis waren es 1,7 Mrd. Euro.

Würde das französische Beispiel in Europa Schule machen, könnte Novartis nach Analystenschätzungen im schlimmsten Fall drei bis vier Prozent des Gewinnes verlieren. Betroffen wäre womöglich auch der Bayer-Konzern, der das Augenmedikament Eylea vertreibt und dem ebenfalls Gewinneinbussen drohen könnten.

Auch Kartellwächter in Frankreich und Italien haben Roche und Novartis wegen der Präparate im Visier. Italienische Behörden werfen den beiden Firmen Absprachen vor, um den Einsatz von Avastin zur AMD-Behandlung zu verhindern und Ärzte zur Verschreibung von Lucentis anzuhalten.

Italien brummte den Schweizer Konzernen deswegen Millionenstrafen auf. Das Gesundheitsministerium in Rom fordert Schadenersatz in Milliardenhöhe. Roche und Novartis wiesen die Vorwürfe zurück und wollen die Strafen vor Gericht anfechten.

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