Der US-Geheimdienst NSA arbeitet laut einem Zeitungsbericht an der Entwicklung eines Quanten-Computers. Mit diesem könnte er sich Zugriff auf Bank-, Gesundheits-, Regierungs- und Wirtschaftsdaten verschaffen. Auch die Schweiz macht im Rennen um den Super-Computer mit.
Das Forschungsprojekt am Quanten-Computer sei Teil eines rund 80 Millionen Dollar schweren Forschungsprogramms, berichtete die US-Zeitung «Washington Post» am Donnerstag online. Sie beruft sich auf Dokumente des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden.
Einzelheiten – vor allem wie weit das Programm bereits gediehen ist – wurden zunächst nicht bekannt. Weite Teile des Forschungsprogramms seien geheim, hiess es.
Technologieunternehmen wie der US-Konzern IBM arbeiten schon seit längerer Zeit an der Entwicklung von Quanten-Computern, die wesentlich schneller und sicherer sein sollen als normale digitale Computer. Laut «Washington Post» betreibt die NSA ihre Forschungen in grossen abgeschirmten Räumen. Der Geheimdienst wollte sich zum Bericht nicht äussern.
«Kopf-an-Kopf-Rennen»
Ein Quanten-Computer könnte um ein Vielfaches leistungsstärker und schneller als bisherige Spitzen-Computer arbeiten. Herkömmliche Verschlüsselungsmethoden für digitale Daten gelten in der Regel als besonders sicher, wenn es in einer realistischen Zeitspanne einem Supercomputer nicht gelingen kann, den Code zu knacken. Mit einer vielfach grösseren Rechenleistung wäre die Sicherheit jedoch ausgehebelt.
Seit vielen Jahren forschen Wissenschafter weltweit, auch in der Schweiz, an der neuen Technologie. Anders als normale Computer arbeiten Quanten-Computer nicht nach den Regeln der klassischen Physik, sondern nach der Theorie der Quantenmechanik. Bislang galt die Technologie jedoch als noch weithin theoretisch.
Wissenschafter spekulieren laut «Washington Post» seit geraumer Zeit darüber, ob die NSA-Forschung bei der Entwicklung des Quanten-Computers so viel weiter sein könne als andere, zivile Labors. Zwar sei das ganze Ausmass der NSA-Forschung nicht bekannt, doch die vorliegenden Dokumente legten nahe, dass die NSA über keinen Vorsprung verfügte, meint das Blatt.
Die NSA liefere sich ein «Kopf-an-Kopf-Rennen» mit Forschungsprojekten, die von der EU und der Schweiz unterstützt würden. «Es scheint unwahrscheinlich, dass die NSA der Welt so weit voraus ist, ohne dass es jemand weiss», zitiert die Zeitung Scott Aaronson, Professor am berühmten Forschungszentrum MIT in Massachusetts.
Kompetenzen sollen beschnitten werden
Seit Juni vergangenen Jahres kamen durch die Enthüllungen Snowdens eine Reihe von Spähaktivitäten der NSA und verbündeter Geheimdienste ans Licht. Erst kürzlich hatte die deutsche Nachrichtenzeitschrift «Spiegel» unter Berufung auf Snowden-Dokumente über weitere Angriffs- und Abhörfähigkeiten des Geheimdienstes berichtet.
Demnach könne die NSA Computer von Zielpersonen präzise und unauffällig mit Ausspähsoftware infizieren. Als Reaktion auf die Aufdeckung hatten Internetkonzerne wie Google und Yahoo angekündigt, die Daten ihrer Nutzer durch Verschlüsselung künftig besser zu schützen.
Vor einigen Tagen legte eine Expertengruppe US-Präsident Barack Obama 46 Vorschläge für eine Begrenzung der Geheimdienstbefugnisse vor. Obama will sich noch im Januar dazu äussern.