Der Begriff «Nullzinspolitik» ist von einer Jury von Finanzexperten zum Schweizer Finanzwort des Jahres gekürt worden. Ursprünglich als kurzfristige Feuerwehrübung der Notenbanken gedacht, zeige sich nun, dass die Nullzinspolitik die Wirtschaft für Jahre dominiere.
Die erstmalige Wahl erfolgte aus 250 Einsendungen unter der Federführung des Finanzportals finews.ch und der Migros Bank. Der fünfköpfigen Jury gehörten unter anderem der ehemalige Chef von UBS und Credit Suisse, Oswald Grübel, die Finanzprofessorin Sita Mazumder und der Ökonom und Schriftsteller Michael Theurillat an.
Grübel begründete die Wahl damit, dass die Nullzinspolitik eine tiefgreifende Veränderung für alle bedeute und eine riesige Umverteilung zur Folge habe: «Wer Schulden macht, profitiert. Ganze Staaten geraten so in Versuchung, sich praktisch zum Nulltarif zu verschulden», erklärte Grübel. Das könne aber nicht die Lösung sein.
Den negativen Effekt für Sparer und Rentenempfänger betonte Sita Mazumder: «Die Nullzinspolitik führt über kurz oder lang zu einer Geldentwertung», stellt sie fest. Die Wirtschaft werde dadurch in ein «künstliches Koma» versetzt und durch den verzögerten Strukturwandel würden sich Ungleichgewichte noch weiter verstärken.
Symptombekämpfung
Michael Theurillat vergleicht die Nullzinspolitik mit einem Schmerzmittel, das Symptome lindere, aber den Patienten nicht gesund mache. Theurillat erinnerte daran, dass seit dem Jahr 1800 rund 250 Staaten bankrott gingen.
Für den Chefredaktor von finews.ch, Claude Baumann, ist eine Nullzinspolitik eine Absage an die Tugend aus Kindheitstagen, Geld für schlechte Zeiten auf die Seite zu legen. Das beste Zeichen für die Überwindung der Krise, wäre es denn auch für Albert Steck von der Migros Bank, wenn die Geldpolitik aus den Schlagzeilen verschwände. Der Trend laufe jedoch in die umgekehrte Richtung.
Wörter und Un-Wörter des Jahres sind ein Ritual zum Jahresende hin. Bereits seit 2003 wird in der Schweiz ein eigenes Wort des Jahres gekürt. Zuvor wurde für den gesamten deutschsprachigen Raum ein gemeinsames Wort des Jahres gewählt. Nachdem dieses aber immer häufiger einen reinen Deutschlandbezug hatte, entschieden sich Österreich und die Schweiz eigene Wege zu gehen.
Ausserdem wird auch in der Schweiz ein Un-Wort oder ein Satz des Jahres gekürt. 2013 etwa hiess das Wort des Jahres hierzulande «Stellwerkstörung» und das Un-Wort «systemrelevant» und bezog sich auf Banken, die für zu gross gehalten werden, als dass man sie scheitern lassen könnte. Der Satz des Jahres hiess «Aff!» und war die Reaktion des damaligen Bundespräsidenten Ueli Maurer auf einen Kameramann, der ihm im Bundeshaus im Weg stand.