Bei einem Auftritt vor spanischsprachigen Wählern hat US-Präsident Barack Obama Versäumnisse in der Einwanderungspolitik eingeräumt. In einer Wahlsendung von TV Univision bezeichnete er es als „grössten Fehler“ seiner Amtszeit, die Einwanderungsreform nicht durchgebracht zu haben.
Obama erklärte, dass er „naiv“ gewesen sei und die Bereitschaft der Republikaner überschätzt habe, eine „vernünftige“ Einwanderungsreform mitzutragen. Die Stellung des Präsidenten biete aber keine allumfassende Macht, und die republikanische Abgeordneten im Kongress hätten sich aus den Beratungen über die Reform zurückgezogen.
Romney spottet
Obamas Kontrahent Mitt Romney nutzte die Zeichen der Schwäche. Er warf dem Präsidenten vor, seine Ziele aufgegeben zu haben. „Sein Slogan war: „Ja, wir können“. Jetzt sei sein Slogan: „Nein, ich kann es nicht““, sagte Romney vor Anhängern in Sarasota (Florida).
Obama bat die Wähler lateinamerikanischer Abstammung, ihm am 6. November für eine weitere Amtszeit das Vertrauen zu schenken. Anders als die Vorstellungen seines Herausforderers Mitt Romney entspreche seine Politik den „Hoffnungen nicht nur der Latino-Gemeinschaft, sondern aller Amerikaner, die an eine Nation des Rechts und eine Nation der Einwanderung glauben“.
In der Sendung auf dem spanischsprachigen Kanal Univision musste sich Obama den Fragen des Publikums stellen, das ihn an seine nicht eingehaltenen Versprechen in der Einwanderungspolitik erinnerte. Als Kandidat der Demokraten hatte Obama 2008 gesagt, er wolle den elf Millionen Einwanderern ohne gültige Papiere einen Weg zur Legalisierung ihres Aufenthalts in den USA ermöglichen. Die meisten illegalen Einwanderer in den USA stammen aus Lateinamerika.
Befristeter Abschiebestopp
Der Präsident verwies auf einen im Juni von ihm angeordneten befristeten Abschiebestopp für Einwanderer ohne gültige Dokumente, die jünger als 30 Jahre sind und als Kinder und Jugendliche in die USA gekommen waren. Die Regelung ist auf zwei Jahre begrenzt.
Mit dem Dekret hatte Obama auf eigene Faust Teile eines von seinen Demokraten eingebrachten Einwanderungsgesetzes in Kraft gesetzt, das am Widerstand der Republikaner im Kongress gescheitert war.
In den USA leben rund 50 Millionen Menschen mit lateinamerikanischen Wurzeln. Die Latinos sind eine zunehmend wichtige Wählergruppe, in einigen Bundesstaaten wie Florida könnten sie bei der Präsidentschaftswahl im November entscheidend sein.
Vor vier Jahren hatte Obama zwei Drittel der Latino-Stimmen geholt. Auch in aktuellen Umfragen liegt er mit 68 Prozent deutlich vor Romney, der in dieser Wählergruppe nur auf 26 Prozent kommt. Die Demokraten können bei Wählern lateinamerikanischer Abstammung vor allem mit ihrer liberaleren Haltung in der Einwanderungspolitik punkten.