Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan hat in den USA das harte Vorgehen seines Landes gegen die Kurden verteidigt. Er wurde in Washington am Rande des Atomgipfels überraschend von US-Präsident Barack Obama empfangen.
Dieser hatte Ankaras Politik zuletzt kritisiert. Nach Angaben des Weissen Hauses sprachen Obama und Erdogan über die «US-türkische Zusammenarbeit in Fragen regionaler Sicherheit, Terrorabwehr und Migration». Das Treffen erfolgte am Donnerstag (Ortszeit) am Rande des in Washington stattfindenden Atomgipfels.
Vor dem Gipfel hatte es geheissen, Obama werde Erdogan nicht wie andere Staatschefs zu einem Einzelgespräch empfangen. Dies war als Affront gegen den türkischen Präsidenten gesehen worden.
Angespannte Beziehung
Die Beziehungen zwischen den beiden NATO-Verbündeten USA und Türkei sind derzeit unter anderem wegen der türkischen Angriffe auf kurdische Milizen in Syrien stark angespannt. Zudem zeigte sich das Weisse Haus in den vergangenen Monaten immer wieder besorgt über Angriffe auf Meinungsfreiheit und Demokratie in der Türkei.
Vor einer Rede Erdogans am Washingtoner Brookings-Institut gerieten Sicherheitskräfte des türkischen Präsidenten mit prokurdischen Demonstranten aneinander, die unter anderem Fahnen der syrisch-kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) schwenkten und Parolen wie «Erdogan, Faschist» riefen.
Die Türkei betrachtet die PYD und ihren bewaffneten Arm, die Volksverteidigungseinheiten (YPG), als Terrororganisationen. Für die USA und andere westliche Staaten sind sie dagegen wichtige Verbündete im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).
Die Türkei, die im eigenen Land militärisch gegen die Rebellen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorgeht, beschiesst von der Grenze aus auch kurdische Stellungen in Syrien.
Erdogans Leibwächter gehen gegen Journalisten vor
Die Leibwächter Erdogans lieferten sich vor dem Brookings-Institut nicht nur Wortgefechte und Handgemenge mit Demonstranten, sondern gingen auch gegen Journalisten vor. Die Kontrahenten wurden schliesslich von US-Polizisten getrennt.
Versuche der Leibwächter, Reporter türkischer Oppositionsmedien aus dem Saal zu verbannen, wurden vom Brookings-Institut unterbunden. Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen verurteilte das «inakzeptable Verhalten» der Sicherheitskräfte Erdogans. In seiner Rede zeigte sich Erdogan unbeeindruckt von den Protesten und verteidigte erneut das türkische Vorgehen gegen PKK und YPG.
Nukleare Sicherheit im Zentrum
Beim Washingtoner Atomgipfel ging es schwerpunktmässig darum, wie radioaktives Material besser vor dem Zugriff von Extremistengruppen wie dem IS geschützt werden kann. Sicherheitsexperten befürchten, dass der IS in den Besitz von geschmuggeltem Plutonium und hochangereichtertem Uran kommen und daraus eine sogenannte schmutzige Bombe bauen könnte.
Obama war vor dem offiziellen Auftakt des Gipfels unter anderem mit Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye, Japans Ministerpräsident Shinzo Abe und Chinas Präsident Xi Jinping zusammengetroffen. Dabei beschlossen die USA und China, bei der Nuklearsicherheit stärker zusammenzuarbeiten.
An dem zweitägigen von Obama ausgerichteten Gipfel in Washington nehmen mehr als 50 Staaten teil. Die Schweiz ist durch Bundespräsident Johann Schneider-Ammann vertreten.