Der Oberste Gerichtshof der USA hat sich am zweiten Tag der Anhörungen zur Verfassungsmässigkeit der Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama tief zerstritten gezeigt.
Mit skeptischen Fragen zu der geplanten Versicherungspflicht für alle US-Bürger liess die konservative Mehrheit im neunköpfigen Richtergremium am Dienstag Zweifel aufkommen, dass Obamas Reformwerk die Prüfung durch den Supreme Court überstehen könnte.
Auch der konservative Richter Anthony Kennedy, der bisweilen mit dem liberalen Lager stimmt und oft das Zünglein an der Waage ist, gab sich reserviert.
Mit dem Herzstück der Reform, wonach ab 2014 jeder Bürger gegen Androhung einer Strafzahlung zum Abschluss einer Krankenversicherung verpflichtet ist, weise die Regierung den Einzelnen zum Handeln an, sagte Kennedy. Dies könne die Beziehung zwischen der Regierung und dem Individuum tiefgreifend verändern.
Entscheid bis Juni
Die vier liberalen Richter unterstützten dagegen die Position Obamas. Der Supreme Court, dessen Richter von den Präsidenten auf Lebenszeit ernannt werden, dürfte bis spätestens Ende Juni seine Entscheidung vorlegen. Sollte die Gesundheitsreform dabei für verfassungswidrig erklärt werden, wäre dies für Obama wenige Monate vor der Präsidentschaftswahl eine herbe Schlappe.
Die von den Republikanern heftig bekämpfte Reform gilt als wichtigste innenpolitische Errungenschaft des Präsidenten. Das vor zwei Jahren verabschiedete Gesetz soll 32 Millionen unversicherten US-Bürgern Zugang zu einer Krankenversicherung geben.
Der Supreme Court hatte den Rechtsstreit vergangenen November an sich gezogen, nachdem Bundesgerichte in niedrigeren Instanzen uneinheitliche Urteile gefällt hatten.
Nach Auffassung der Kläger, darunter 26 von den Republikanern geführte Bundesstaaten, hat der Gesetzgeber seine Befugnisse überschritten und beschneidet individuelle Freiheitsrechte.
Hohe Kosten auch ohne Versicherung
Obama beruft sich dagegen auf das Recht der Regierung, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den US-Staaten zu regulieren. Das Weisse Haus führt zudem an, dass Menschen ohne Versicherung dennoch Kosten für das Gesundheitssystem verursachen – die am Ende vom Staat übernommen würden oder sich in höheren Beiträgen für die Versicherten niederschlügen. Daher bestehe ein Regelungsbedarf.