Der Schweizer, der beim Asylzentrum Embrach einen Tunesier erschossen hat, muss für neun Jahre ins Gefängnis. Während der Beschuldigte Notwehr geltend machte, ging das Obergericht Zürich von vorsätzlicher Tötung aus.
«Ich wollte niemanden töten», sagte der heute 24-Jährige am Freitag vor dem Obergericht Zürich. Der Schweizer Fitnesstrainer hatte am späten Abend des 1. Dezember 2012 seine serbische Freundin im Durchgangszentrum in Embrach ZH besucht.
Zusammen mit seiner Freundin hielt er sich beim Hinterausgang auf. Kurz vor Mitternacht tauchten zwei Tunesier vor dem Zentrum auf. Gemäss Anklage begann der Schweizer mit den beiden Nordafrikanern zu streiten.
Darauf kletterte einer der Asylbewerber über den Zaun und ging auf den Beschuldigten zu. Dieser zog seine geladene Pistole und gab drei Schüsse auf den Tunesier ab. Von zwei Kugeln im Oberkörper getroffen brach der 30-Jährige zusammen und verblutete an den schweren inneren Verletzungen. Sein Landsmann blieb unverletzt.
Kurz nach dem Tötungsdelikt meldete sich der Pistolenschütze telefonisch bei der Polizei. Er verbrachte danach über ein halbes Jahr im Gefängnis.
Zu mildes Bezirksgerichts-Urteil
Im letzten Oktober musste sich der Schweizer am Bezirksgericht Bülach verantworten. Die Staatsanwaltschaft verlangte wegen vorsätzlicher Tötung sowie versuchter vorsätzlicher Tötung eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren. Die Verteidigung hingegen machte Notwehr geltend und verlangte einen vollen Freispruch.
Das Bezirksgericht verurteilte den Beschuldigten wegen vorsätzlicher Tötung sowie mehrfachen Vergehens gegen das Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von 6,5 Jahren. Beide Seiten legten gegen den Bülacher Entscheid Berufung ein und erneuerten am Freitag vor dem Zürcher Obergericht ihre Anträge.
Das Obergericht ging ebenfalls von einer vorsätzlichen Tötung aus. Das unbewaffnete Opfer habe sich aggressiv verhalten, räumte der Gerichtsvorsitzende ein. Mit zwei Schüssen auf den Oberkörper aus nächster Nähe habe der geübte Schütze aber das Notwehrrecht weit überschritten.
«Das Bezirksgericht Bülach war deutlich zu milde», sagte der Gerichtsvorsitzende und legte zusammen mit seinen beiden Mitrichtern eine höhere Strafe von neun Jahren fest.