Der Chef der Aargauer Kantonspolizei, Stephan Reinhardt, tritt nach nur vier Jahren überraschend zurück. Reinhardt zieht die Konsequenz aus mehreren Verkehrsdelikten. Er muss wegen Schnellfahrens seinen Führerausweis nun für ein halbes Jahr abgeben. Die Regierung bedauert den Rücktritt.
Die Geschwindigkeitsüberschreitung von 2011 tangiere seine „professionelle Unabhängigkeit und Handlungsfähigkeit“ und sie schwäche seine „Glaubwürdigkeit als Polizeikommandant“, sagte Reinhardt am Montag in Aarau an einer kurzfristig einberufenen Medienkonferenz.
Er habe sich deshalb entschlossen, per Ende 2012 von seinem Amt zurückzutreten. Er werde sein Amt noch bis Ende August weiterführen, sagte ein sichtlich gezeichneter Polizeichef.
Reinhardt war vor einem Jahr als privater Autolenker in Zürich zu schnell gefahren und von einer Radarfalle geblitzt worden. Er war nach eigenen Angaben der Meinung gewesen, es gelte 80 km/h und nicht 60 km/h als Höchstgeschwindigkeit.
Diese Verkehrssünde hatte er seinen 750 Mitarbeitern im Mai in einem internen Schreiben mitgeteilt. Einen Monat später wurde der Fall durch einen Bericht im „Blick“ öffentlich. Reinhardt bestätigte die Meldung umgehend.
Vor 20 Jahren betrunken Motorrad gefahren
Diese Geschwindigkeitsübertretung habe nun zur Folge, dass er seinen Führerschein für ein halbes Jahr abgeben müsse, sagte der 46-jährige Polizeikommandant vor den Medien.
Grund für die lange Entzugszeit seien weitere Verkehrsübertretungen vor seiner Ernennung zum Polizeikommandanten. Diese seien in die Berechnung der Dauer des Ausweisentzuges eingeflossen.
So war Rheinhardt nach eigenen Angaben bereits 2007 wegen einer Tempoüberschreitung gebüsst worden. Damals musste er den Führerausweis für einen Monat abgeben.
Auch während seiner Studien- und Ausbildungszeit hatte er 1993 den Ausweis für zwei Monate abgeben müssen. Der Grund: Motorradfahren unter Alkoholeinfluss. Einige Jahre später verursachte er einen Selbstunfall mit dem Velo.
„Diese Ereignisse sind die Folge eines Fehlverhaltens“, hielt Reinhardt fest. Er bedaure die Ereignisse. Sie zeigten jedoch, dass einem späteren Polizeikommandanten das Gleiche passieren könne wie vielen anderen Bürgerinnen und Bürgern auch.
Verkehrssünden bei Anstellung verschwiegen
„Im Interesse des wichtigen Amtes habe ich mich deshalb zum Rücktritt entschlossen. Ich stelle damit die Interessen der Kantonspolizei klar vor meine eigenen“, hielt Reinhardt fest.
Vor fünf Jahren habe er beim Vorstellungsgespräch seinen Leumund als Fahrzeuglenker „nicht aktiv erwähnt“. Das sei für ihn aus damaliger Sicht nicht entscheidend gewesen. „Das ist aus heutiger Sicht eine Fehleinschätzung“, räumte Reinhardt ein.
Regierungsrat Urs Hofmann (SP) bedauert den Rücktritt. „Wir waren mit der Arbeit von Reinhardt sehr zufrieden“, hielt der Vorsteher des Departementes Volkswirtschaft und Inneres (DVI) fest. Die Gesamtregierung zolle dem Kommandanten Respekt für die klare Haltung.
Hofmann war bei der Anstellung Reinhardts noch nicht Regierungsrat gewesen. Ab September wird der bisher stellvertretende Kommandant, Urs Winzenried, die Kantonspolizei leiten.