Im konservativen Indien werden seit Dienstag Transsexuelle als drittes Geschlecht offiziell anerkannt und erhalten damit wichtige Minderheitenrechte. Vertreter der Transgender-Gemeinde bejubelten das Urteil des Obersten Gerichtshofes als historisch.
«Heute fühle ich mich zum ersten Mal stolz, ein Inder zu sein», sagte der Eunuch Laxmi Narayan Tripathi, der zu den Initiatoren des Falls zählt. Er gehört zu einer Gruppe von Aktivisten, die den Antrag vor zwei Jahren einbrachten. Die Transgender-Gemeinde habe sehr lange unter Diskriminierung und Ignoranz gelitten, sagte er. Eunuchen sind kastrierte Männer.
«Die Anerkennung von Transsexuellen ist keine soziale oder medizinische Angelegenheit, sondern es geht um Menschenrechte», erklärte Richter K. S. Radhakrishnan in der Urteilsbegründung. Das Gericht trug der Regierung auf, Transsexuelle als neutrales drittes Geschlecht zu identifizieren.
Alle Menschen, die sich als transgender definieren, sollen dies in Zukunft in offiziellen Dokumenten angeben können. Das Gericht in Neu Delhi wies die Behörden laut der Agentur IANS an, entsprechende Personal- und Fahrausweise sowie Lebensmittelkarten auszustellen.
Anspruch auf staatliche Hilfen
In Indien leben viele Transsexuelle als sogenannte Hijras in abgeschlossenen Gemeinschaften. Dazu gehören Menschen, die sich einer Kastration unterziehen, beide Geschlechtsmerkmale aufweisen oder sich als phänotypische Männer einer Gruppe anschliessen. Sie verdienen ihren Lebensunterhalt meist mit Singen und Tanzen oder Prostitution.
Das Gericht verfügte weiter, die Transgender-Gemeinschaften sollten als sozial und wirtschaftlich rückständig betrachtet werden. Damit haben sie Anspruch auf staatliche Hilfen, die auch niedere Kasten erhalten.
Dies umfasst leichteren Zugang zu Bildungseinrichtungen und Jobs, da ein bestimmter Prozentsatz für benachteiligte Gemeinschaften reserviert ist. «Transsexuelle sind Bürger dieses Landes mit Anspruch auf Bildung und andere Rechte», erklärte Richter Radhakrishnan.
Widersprüchliche Rechtsprechung
Das Urteil folgt einen Monat auf einen Richterspruch des selben Gerichtes, mit dem Homosexualität wieder verboten wurde. Die Entscheidung hatte zu massiver Kritik und Vorwürfen geführt, die Justiz führe das Land zurück ins 19. Jahrhundert.
Erst 2009 war Homosexualität in Indien aus der Illegalität geholt worden, als ein Gericht in Neu-Delhi ein Verbot von «widernatürlichem Sex» als Verletzung der Grundrechte verwarf.