Keine Gnade für die inhaftierte ukrainische Oppositionsführerin Julia Timoschenko: Die 51-Jährige muss ihre umstrittene siebenjährige Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs absitzen. Das Oberste Gericht in Kiew lehnte am Mittwoch eine Beschwerde der erkrankten Ex-Regierungschefin gegen das Urteil vom Oktober 2011 ab.
„Das Urteil bleibt unverändert. Timoschenko ist in allen Punkten schuldig“, sagte Richter Alexander Jelfimow in Abwesenheit der Politikerin. Es gebe ausreichend Beweise dafür, dass Timoschenko 2009 einen Gasvertrag mit Russland zum Nachteil der Ukraine geschlossen und dabei ihre Befugnisse überschritten habe. Damit ist das Urteil vom Vorjahr rechtskräftig.
Im Gerichtssaal riefen Anhänger Timoschenkos entsetzt: „Schande!“. Vor dem Gebäude forderten hunderte Unterstützer „Freiheit für die Ikone der Orangenen Revolution von 2004“. Staatspräsident Viktor Janukowitsch steht in der Kritik, die Justiz für politische Zwecke zu missbrauchen, um die Opposition kaltzustellen.
Auch die Europäische Union zeigte sich enttäuscht von dem Richterspruch. „Wir sind zutiefst enttäuscht über die Folgen dieser Entscheidung“, sagte ein Sprecher der EU-Aussenbeauftragten Catherine Ashton in Brüssel.
Letzte Hoffnung zerschlagen
Zwei Monate vor der Parlamentswahl zerschlugen sich mit dem Gerichtsentscheid die letzten Hoffnungen auf eine Freilassung der Politikerin. Die Zentrale Wahlkommission hatte ihre Teilnahme wegen der Gefängnisstrafe bereits zuvor abgelehnt.
Timoschenkos Verteidiger Sergej Wlassenko warf Staatschef Janukowitsch vor, die Gesetze des Landes mit Füssen zu treten. „Heute ist keine Entscheidung eines Gerichts gefallen, es ist eine Entscheidung von Janukowitsch, Timoschenko – seine wichtigste politische Opponentin – so lange wie möglich im Gefängnis zu halten“, sagte er.
Die Anwälte der früheren ukrainischen Ministerpräsidentin hatten den Berufungsantrag damit begründet, dass unzulässigerweise das Strafrecht in einer politischen Angelegenheit angewandt worden sei. Es habe keine kriminelle Machenschaften gegeben.
Fall vor Gericht in Strassburg
Wlassenko kündigte an, weiter vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg um die Freilassung der Politikerin zu kämpfen. Am Dienstag hatte das Strassburger Gericht erstmals über den Fall beraten. Dabei war es zunächst um die Frage gegangen, ob bei der Inhaftierung sowie im Gefängnis Timoschenkos Rechte verletzt wurden.
Nun kann dort auch der Richterspruch selbst berücksichtigt werden. Der ukrainische Menschenrechtler Jewgenij Sacharow von der Helsinki-Gruppe in Kiew sagte, dass wohl erst in zwei Jahren mit einer Entscheidung des Gerichts zu rechnen sei.
Timoschenko gilt wegen ihrer Vergangenheit als „Gasprinzessin“ mit einem Millionenvermögen als umstritten. Viele Ukrainer halten sie für kriminell. Die ukrainische Justiz führt weitere Strafverfahren gegen die Politikerin, darunter auch wegen Beihilfe zum Mord.