Vor dem obersten Gericht in Grossbritannien hat am Montag der Prozess über die EU-Austrittserklärung des Landes begonnen. Der Supreme Court soll entscheiden, ob die britische Regierung dafür die Zustimmung der Parlamentarier benötigt.
Der Vorsitzende Richter des Supreme Court, David Neuberger, sagte zum Prozessauftakt am Montag, das Gericht sei sich über die «starken Emotionen im Zusammenhang mit den vielen weiteren politischen Fragen um den EU-Austritt des Vereinigten Königreichs» bewusst. Das sei aber nicht Inhalt des Prozesses.
«Dieser Prozess beschäftigt sich mit rechtlichen Fragen, und als Richter ist es unsere Pflicht, sie unparteiisch zu betrachten und den Fall im Sinne des Gesetzes zu entscheiden», sagte Neuberger weiter.
Britische Medien hatten zuvor berichtet, die Regierung bereite sich für den Fall einer Niederlage darauf vor, ein entsprechendes Gesetz im Eilverfahren durch die beiden Kammern des britischen Parlaments zu bringen. Theoretisch könnten die Abgeordneten den EU-Austritt des Landes im Falle eines Siegs vor Gericht abwenden.
Opposition will Zugeständnisse
Denn Premierministerin Theresa May will die Austrittserklärung gemäss Artikel 50 des Vertrags von Lissabon bis spätestens Ende März 2017 nach Brüssel schicken.
Artikel 50 regelt den Austritt eines Landes aus der EU und gilt als Voraussetzung für die anstehenden Brexit-Verhandlungen. Sollte das Gericht zugunsten des Parlaments entscheiden, könnte der Brexit-Zeitplan der britischen Regierung durcheinander geraten.
Oppositionsführer Jeremy Corbyn hatte seinerseits bekräftigt, den Brexit nicht aufhalten zu wollen. Man wolle der Regierung aber Zugeständnisse wie das Bekenntnis zum EU-Binnenmarkt und zu EU-Arbeitnehmerrechten abringen, sagte Corbyn dem Nachrichtensender SkyNews. Das will die Regierung einem Bericht zufolge erschweren, indem sie den Gesetzestext so knapp wie möglich formuliert.
Vier Tage Anhörung
Eine erste Instanz hatte Anfang November zugunsten des Parlaments entschieden. Die Regierung von Premierministerin May wollte das Urteil jedoch nicht akzeptieren und zog es an den Supreme Court weiter. Sie beruft sich auf ein historisches Recht der britischen Monarchen, Entscheidungen ohne die Zustimmung des Parlaments zu treffen.
Die Gegenseite argumentiert, die Austrittserklärung könnte Konsequenzen nach sich ziehen, über die nicht ohne Parlamentsabstimmung entschieden werde dürfe. Auch die schottische Regierung fordert ein Mitspracherecht für das Regionalparlament in Edinburgh.
Die Anhörung vor dem Supreme Court soll voraussichtlich vier Tage dauern. Mit einer Entscheidung der obersten Richter wird Mitte Januar gerechnet.
Die Briten hatten sich am 23. Juni in einem historischen Referendum mit knapper Mehrheit für einen Austritt aus der EU entschieden. Der Volksentscheid über den sogenannten Brexit gilt aber rechtlich nicht als bindend.