Der Oberste Gerichtshof der USA hat den Geldhahn für die Wahlkämpfe noch weiter aufgedreht. Der Supreme Court kippte am Mittwoch die allgemeine Obergrenze für Spenden, die US-Bürger an verschiedene Kandidaten, Parteien und politische Organisationen geben dürfen.
Auch wenn das Limit für Einzelzuwendungen an Präsidentschafts- und Kongresskandidaten bestehen bleibt, könnten finanzstarke Spender die politische Landschaft künftig mit Millionensummen fluten.
In einer Mehrheitsentscheidung von fünf zu vier Stimmen gab das Richtergremium der Klage eines den Republikanern nahe stehenden Geschäftsmanns aus dem Bundesstaat Alabama statt, der sich in seinem Recht auf Meinungsfreiheit eingeschränkt sah.
Die Gesamtobergrenze für Wahlkampfspenden von bisher 123’200 Dollar (knapp 109’000 Franken) in einem Zeitraum von zwei Jahren sei unter dem ersten Zusatzartikel zur US-Verfassung „ungültig“, heisst es in dem Urteil. Die Mehrheit der konservativen Richtern überstimmte dabei das linksliberale Lager des Supreme Court.
Gefahr von Korruption
Präsident Barack Obama hatte vor einer Abschaffung der Obergrenze gewarnt, da dies den Einfluss von Reichen auf die Politik verstärken und den Kampf gegen die Korruption erschweren würde.
Das Verteilen grosser Summen im Wahlkampf führe nicht zwangsläufig zu Bestechung, heisst es dagegen in der vom Vorsitzenden Richter John Roberts verlesenen Mehrheitsmeinung. Ein allgemeines Limit für Zuwendungen schränke den demokratischen Prozess „ernsthaft“ ein.
Die Entscheidung des Supreme Court gibt US-Bürgern das Recht, an unterschiedliche Kandidaten, Parteien und politische Organisationen jeweils die legale Höchstsumme zu geben. Die Höchstgrenze für Spenden an eine Partei liegt aber weiter bei jeweils 32’400 Dollar. Bei Kandidaten für das Weisse Haus und den Kongress beträgt das jeweilige Maximum 2600 Dollar pro Wahl.
Unsummen im Wahlkampf
Der Supreme Court hatte bereits 2010 in der „Citizens United“ genannten Entscheidung mit Verweis auf die Meinungsfreiheit die bis dahin geltenden Obergrenzen für Wahlkampfgelder von Unternehmen, Verbänden und Gewerkschaften gekippt.
Das Urteil bereitete den Weg für die sogenannten Super-PACs, die als politische Interessengruppen mit Unsummen im Präsidentschaftswahlkampf 2012 mitmischten. Solange sie eine gewisse Distanz zu den Kandidaten wahren, dürfen Super-PACs unbegrenzt viele Spenden annehmen.
„Wenn das Gericht mit Citizens United eine Tür geöffnet hat, könnte die heutige Entscheidung die Schleusentore öffnen“, warnte der liberale Richter Stephen Breyer in seiner abweichenden Meinung. Das Urteil schaffe eine „Hintertür“, durch die einzelne Bürger einer Partei oder dem Wahlkampf eines Kandidaten „Millionen von Dollar“ zukommen lassen können.
Die Aushöhlung der Gesetze zur Wahlkampffinanzierung sei eine Gefahr für die „demokratische Legitimität“ in den Vereinigten Staaten.
Republikaner zufrieden
Die Republikaner, die den Geschäftsmann Shaun McCutcheon bei seiner Klage unterstützten, begrüssten dagegen die Entscheidung. „Die Meinungsfreiheit wurde aufrechterhalten“, erklärte der republikanische Vorsitzende im Repräsentantenhaus, John Boehner.
In den Augen des Parteichefs der Republikaner, Reince Priebus, fördert das Urteil eine „robusten und transparenten politischen Diskurs“. Die Auswirkungen der Entscheidung dürften zum ersten Mal bei den Kongresswahlen im November zu spüren sein.