Opfer von Menschenhandel besser erkennen und die Täter bestrafen, die Öffentlichkeit und die Fachleute sensibilisieren und die internationale Zusammenarbeit intensivieren: Das sind die Ziele des zweiten Nationalen Aktionsplans zur Bekämpfung von Menschenhandel.
Mit den Flucht- und Migrationsbewegungen aus den Krisengebieten habe sich das Problem des Menschenhandels in den letzten Jahren weiter verschärft, schreibt das Bundesamt für Polizei (fedpol) im zweiten Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel, der am Donnerstag veröffentlicht wurde.
Weil sich viele Migrantinnen und Migranten die Reise nach Europa oft nicht leisten könnten, müssten sie sich gegenüber den Schleusern verschulden. Diese Schulden müssten sie dann entweder bereits auf dem Fluchtweg oder im Zielland abarbeiten.
Oft handle es sich bei den Opfern von Menschenhandel um Prostituierte. Weniger bekannt sei, dass Migrantinnen und Migranten auch in der Schweiz als Arbeitskräfte ausgebeutet würden. Die Spannweite des Missbrauchs reiche dabei von Unterbezahlung, Freiheitsberaubung am Arbeitsplatz bis hin zum Entzug der Papiere und Drohungen, auch gegenüber den Angehörigen.
Opfer erkennen
Jährlich würden zwar Dutzende Fälle identifiziert und Strafverfahren eingeleitet. Doch die Opfer seien oft schwierig zu erkennen. Insbesondere Mitarbeitende im Gesundheitswesen könnten zur Identifizierung der Opfer beitragen. Sie sollen deshalb für die Problematik besser sensibilisiert und geschult werden, gleich wie Polizisten, Staatsanwaltschaften, Nichtregierungsorganisationen und kantonale Migrationsbehörden.
Mit dem Aktionsplan will das fedpol aber auch die Wirtschaftssektoren und die Arbeitsinspektorate auf die Problematik aufmerksam machen. Ein künftiger Leitfaden soll ihnen dabei helfen, die Situationen zu erkennen, wenn Menschen ausgebeutet würden. Ausserdem will das fedpol die Kriminalstatistik so anpassen, dass die Fälle der Ausbeutung als Arbeitskräfte von denjenigen der sexuellen Ausbeutung unterschieden werden könne.
Kritik des Europarates
Im Herbst 2012 hatten Bund, Kantone und NGOs den ersten Aktionsplan verabschiedet. Dieser sah 23 Massnahmen vor, von Prävention über Strafverfolgung bis Opferschutz. Als dessen Erfolge bezeichnet fedpol zum Beispiel die Vereinheitlichung der kantonalen Praxis bei der Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen für die Opfer von Menschenhandel oder die «Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern».
Im Herbst 2015 kam eine Expertengruppe des Europarates allerdings zum Schluss, dass die Schweiz zu wenig gegen Menschenhandel unternehme. Unter anderem sei der Schutz von Betroffenen von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich. Zudem würden in der Schweiz zu wenige Opfer von Menschenhandel und Arbeitsausbeutung erkannt.
Diese Kritik sei eine wichtige Grundlage für den vorliegenden zweiten Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel gewesen, schrieb das fedpol. Das Papier schlägt nun für die Jahre 2017-2020 weitere 28 Massnahmen in den Bereichen Prävention, Strafverfolgung, Opferschutz und Zusammenarbeit vor.