Der Verfall der Öl- und Rohstoffpreise hat 2015 auf beiden Seiten des Atlantiks bei den Grosskonzernen Umsatz und Gewinn schmelzen lassen. Überdurchschnittliche Einbussen beim Umsatz erlitten dabei die Schweizer Konzerne.
Sowohl in Europa als auch in den Vereinigten Staaten sind die Umsätze und Gewinne der jeweils 300 grössten Unternehmen (ohne Banken und Versicherungen) 2015 zurückgegangen, wie einer Studie des Beratungsunternehmens EY vom Mittwoch zu entnehmen ist.
Unter dem Strich verzeichneten die europäischen Grosskonzerne Umsatzeinbussen um vier Prozent, und der Gewinn brach sogar um 14 Prozent ein. Besser erging es den US-Konzernen. Hier reduzierten sich die Umsätze und Gewinne jeweils um drei Prozent.
Massiver Einbruch in der Schweiz
Die Umsätze entwickelten sich je nach Land recht unterschiedlich. Während die schwedischen Konzerne ihre Umsätze um über 10 Prozent steigerten und auch in Deutschland und Irland diese um gut 5 Prozent zulegten, sanken sie 2015 in der Schweiz um 9 Prozent. Vergleichbare Einbrüche sind in Grossbritannien ermittelt worden. Noch drastischer war der Rückgang in den Niederlanden mit über 19 Prozent.
Die niederländische Royal Dutch Shell ist dennoch das umsatzstärkste Unternehmen in Europa, gefolgt von Volkswagen und BP. Unter den europäischen Top 10 der grössten europäischen Firmen befinden sich mit Glencore (Rang 4) und Nestlé (Rang 10) zwei Schweizer Unternehmen.
Der Verfall der Öl- und Rohstoffpreise drückte im vergangenen Jahr auf die Umsätze. Besonders stark davon betroffen waren die Bergbau- und Rohstoffkonzerne in Europa und der Schweiz. Hier brachen die Umsätze um 15 Prozent ein. Bei weitem übertroffen wurden sie jedoch noch von der Erosion der Umsätze der Ölkonzerne in Europa und den USA. Diese sanken um 31 Prozent.
Die beiden Branchen stehen in Europa für 22 Prozent und in den USA für 11 Prozent des Gesamtumsatzes der Grosskonzerne. Die Studienverfasser halten allerdings fest, dass es für die meisten Branchen 2015 aufwärts gegangen sei. Fast zwei Drittel der europäischen Konzerne hätten ein Umsatzplus erzielt. In den USA konnte hingegen nicht einmal jedes zweite Unternehmen beim Umsatz zulegen.
Beim operativen Ergebnis schafften es mit Roche (Rang 3), Nestlé (4) und Novartis (8) drei Schweizer Konzerne in die europäischen Top Ten. In den USA das Mass aller Dinge ist Apple. Mit einem operativen Gewinn von umgerechnet 65,6 Milliarden Euro machte der iPhone-Hersteller mehr Gewinn als die fünf gewinnstärksten europäischen Unternehmen zusammen.
IT-Sektor ist in den USA Leitbranche
Die Studie kommt ausserdem zum Schluss, dass die US-Konzerne nach wie vor wesentlich profitabler wirtschaften als die europäischen. Die anhaltende Margenschwäche der europäischen Konzerne wird auch auf strukturelle Probleme zurückgeführt. So gebe es in Europa ein massives Übergewicht der sogenannten Old Economy.
Gut 40 Prozent der 300 grössten Konzerne entstammten klassischen Industriebranchen, und diese stellten 51 Prozent des Gesamtumsatzes. In den USA liege der Anteil dieser Branchen an der Gesamtzahl der Grosskonzerne bei 28 Prozent, und sie erwirtschafteten nur 27 Prozent des Gesamtumsatzes.
Europa könne zudem die Lücke in der IT-Branche nicht schliessen. Gerade einmal 14 IT-Unternehmen könnten sich hier im Vergleich zu 32 in den USA unter den 300 Grosskonzernen einreihen.
Die Autoren der Studie sind skeptisch für das laufende Jahr. Nachdem viele europäische Firmen im vergangenen Jahr noch von Währungseffekten profitieren konnten, falle 2016 der schwache Euro als «Umsatzturbo» aus, heisst es im Bericht.
Ausserdem schwächle die Weltkonjunktur, und es gebe steigende wirtschaftliche und politische Risiken, wie etwa den Brexit oder die Flüchtlings- und Staatsschuldenkrise.